Jean Alesi lobt Bruno Senna

Jean Alesi bleibt der Formel 1 auch nach

seiner aktiven Zeit eng verbunden

Ex-Formel-1-Pilot Jean Alesi weilte am vergangenen Wochenende in Monza - ein Ort, den der Franzose aufgrund der Begeisterung durch die Fans als "Vatikan für die Tifosi" bezeichnet. Der langjährige Ferrari-Fahrer muss es wissen. Im Jahr 1993 und damit inmitten einer knapp vierjährigen sieglosen Zeit sorgte Alesi mit Platz zwei in Monza für Begeisterungsstürme bei den Tifosi. 1994 und 1995 ging ihm der Sieg nur knapp durch die Lappen und Alesi musste die andere Seite der "Religion in der Kathedrale der Geschwindigkeit" erfahren.

So kann Alesi auch Sebastian Vettels Freude über den ersten Monza-Sieg sehr gut nachvollziehen. "Als Fahrer spürst du hier einen ganz besonderen Druck, selbst wenn du nicht für Ferrari fährst", wird der Franzose von 'GPWeek' zitiert. "Sobald du die Strecke betrittst weisst du, dass du deine Leistung bringen musst. Es ist beinahe so wie bei einem Spiel der Fussballweltmeisterschaft, das du für dein Heimatland bestreitest." Nicht zuletzt aus diesem Grund freut sich Alesi, der inzwischen als Botschafter der Lotus-Gruppe tätig ist, diebisch über die ersten WM-Punkte von Bruno Senna, der im Renault-Team genau wie Teamkollege Witali Petrow von Lotus als Sponsor unterstützt wird. "Je früher du deine ersten Punkte einfährst, desto toller ist dieser Moment", sagt Alesi. Der 201-fache Grand-Prix-Starter schaffte beim Grand Prix von Frankreich 1989 in Le Castellet das seltene Kunststück, gleich beim Debüt in der Königsklasse in die Punkteränge zu fahren.

Grosse Freude an Bruno Sennas Performance

Von der Entwicklung Sennas bei Renault ist Alesi, der noch gegen Brunos legendären Onkel Ayrton fuhr, begeistert. "Ohne Testfahrten heutzutage ist der Aufwand für einen Fahrer, sofort bei der Musik zu sein, deutlich größer als noch zu meiner Zeit. Ich bin von Bruno schwer beeindruckt und freue mich unheimlich für ihn, gerade weil sich sein Name nicht immer nur positiv auf ihn auswirkt. Der Druck, der damit einhergeht, kann dich auch fertigmachen." Für Alesi ist der Name Senna "kein grosser Name, sondern der Name schlechthin", wie er verdeutlicht. Gegen den dreifachen Weltmeister aus Brasilien lieferte sich der Franzose zu seiner aktiven Zeit so manches sehenswerte Duell. Vor allem der Kampf um den Sieg der beiden beim Grand Prix der USA in Phoenix 1990 ist noch in bester Erinnerung. Umso mehr freut sich Alesi über die Performance des Neffen: "Zu sehen, welch tolle Leistung Bruno abliefert - noch dazu mit dem gelben Helm im schwarz/goldenen Auto - ist für uns alle eine unglaublich tolle Geschichte."

Der Lotus-Botschafter ist überzeugt, dass Renault auch bei den verbleibenden Rennen der Saison 2011 gut aussehen wird: "Das Team hat in den vergangenen Wochen grosse Fortschritte gemacht. Gegen Ende einer Saison ist oft das Gegenteil der Fall, weil sich viele Teams bereits mit dem nächstjährigen Boliden beschäftigen." Renault hingegen arbeitet fieberhaft an der Weiterentwicklung des aktuellen R31, schliesslich gibt es laut Alesi "noch grosses Potenzial". Zudem könne das gesamte Wissen durch die Fortschritte direkt in die Entwicklung des nächstjährigen Renault einfliessen.

Respekt vor den Leistungen von Red Bull und Schumacher

Doch das Renault-Team ist nicht das einzige, von dessen Leistung sich Alesi beeindruckt zeigt. Auch der für viele unerwartete Red-Bull-Triumph durch Vettel in Monza ringt dem ehemaligen Formel-1-Piloten grossen Respekt ab. "Jeder hat vom Topspeed gesprochen. Adrian Newey hat jedoch einmal mehr unter Beweis gestellt, dass er den perfekten Allround-Boliden gebaut hat, der überall gewinnen kann", lobt Alesi und fügt an: "Als Vettel trotz des geringsten Topspeeds auf die Pole-Position gefahren ist, waren alle schockiert. Dabei geht es in Monza im Grunde gar nicht um den Topspeed. Balance ist auf dieser Strecke alles." Im Verlauf des Grand Prix von Italien ist Alesi natürlich auch das rundenlange Duell zwischen Lewis Hamilton und Michael Schumacher nicht entgangen. "Das war für mich das Highlight des Rennens", sagt der Franzose. "Es war toll zu sehen, wie Michael für einmal wieder vorn mitfahren konnte und wie ein Löwe gekämpft hat." Wenngleich sich der Rekordweltmeister zuweilen ausserhalb der Grenzen des Erlaubten bewegte, bewertet Alesi das Duell grundsätzlich positiv. "Michael war etwas über dem Limit, das stimmt. Als Fahrer solltest du deine Spur nur einmal wechseln, nicht zwei- oder dreimal, aber es hat Spass gemacht, zuzusehen. Alles in allem war es ein guter, sauberer Kampf."

12.9.2011