Vettel und die Formel1: Glücksfall für Red Bull

Goldene Zeiten für die Bullen:

Red Bull schwimmt derzeit auf einer Erfolgswelle

Wer moderne Sportarten beobachtet, kann an Red Bull gar nicht vorbeischauen. Der österreichische Energy-Drink-Hersteller hat in den vergangenen Jahren eine Marketing-Lawine in Gang gesetzt, die der Marke merklich Flügel verliehen hat. Insgesamt rund 600 Einzelsportler werden von Red Bull unterstützt, hinzu kommen beispielsweise eigene Fußball- und Eishockeyvereine und - mittlerweile als Kernstück - ein umfassendes Motorsport-Engagement.

Dass die Bullen auf dermassen vielen Fahrzeugen (unter anderem in Formel 1, DTM und Rallye-WM) ihre Hörner zeigen, ist nicht nur durch die Rennleidenschaft des Unternehmers Dietrich Mateschitz zu erklären. Es geht nicht nur um PS, sondern vor allem um PR. "Das eine schliesst das andere nicht aus. Was an Motorsport generell und an der Formel 1 insbesondere fasziniert, ist sicherlich die Kombination von Technik auf höchstem Niveau und deren Beherrschung durch den Fahrer auf nicht minderem Niveau", sagt der Österreicher in der 'Welt'. "Subjektive Vorlieben dürfen bei solchen Entscheidungen absolut keine Rolle spielen, sondern lediglich rationale, etwa marketingstrategische Gründe", sagt Mateschitz und stellt seine Beteiligung in der Königsklasse auf ein solides Fundament. "Das Schöne in diesem Fall war und ist es, dass eine Entscheidung - sich in der Königsdisziplin Formel 1 zu engagieren - nicht weniger richtig wird, auch wenn man eine grosse persönliche Passion dafür hat." Die Worte des Red-Bull-Gründers gehen vielen Verantwortlichen wie Hightech-Motoröl die Kehle hinunter. Die Plattform Formel 1 ist nicht nur trendy, auffällig und laut, sondern auch in Bezug auf Marketingaspekte sinnvoll und erfolgreich. Red Bull ist der beste Beweis dafür. Das Unternehmen gibt derzeit nur geschätzte zehn Prozent des gesamten Marketingetats (2010 lag dieser bei rund 1,4 Milliarden Euro) für die Formel 1 aus. Der erzielte Werbewert liegt bei einem Vielfachen.

"Red Bull könnte sich damit überhaupt die ganze Werbung sparen", meint Young&Rubicam-Chef Alois Schober in der Zeitung 'Der Standard'. Die Königsklasse ist demnach ein Schnäppchen. Marketing-Fachleute gehen davon aus, dass sich der Markenwert von Red Bull allein durch den zweiten WM-Titel von Sebastian Vettel um zehn Prozent erhöhen wird - eigentlich unbezahlbar. Ob dadurch mehr Getränkedosen verkauft werden, ist im Rahmen dessen vorerst nur zweitrangig. Wichtig ist, dass die Marke samt jugendlichem Image weltweit platziert ist. Dies ermöglicht Red Bull beispielsweise eine schnellere Eroberung des grossen Marktes China. Vettel, Horner, Newey und Co. quasi als Highspeed-Türöffner für neue Märkte. Sollte sich dort schliesslich der Erfolg einstellen wie in Österreich und Deutschland, dann werden die anfänglichen Investitionen beim Aufbau einer Formel-1-Weltmeistermannschaft später wohl als Peanuts betrachtet.

Weit über 500 Millionen Euro soll Mateschitz in die Formel 1 gepumpt haben, bevor mit dem WM-Titel 2010 der endgültige sportliche Durchbruch gelang. "Wenn es nur ums Geld gehen würde, wäre Toyota ständig Weltmeister geworden, aber sie haben nicht einmal ein Rennen gewonnen. Wir haben ein vernünftiges Budget. Ich glaube nicht, dass wir hier im Fahrerlager am meisten ausgeben", winkt Teamchef Christian Horner ab, wenn es um den Vorwurf geht, der Erfolg sei teuer erkauft worden. Aktuell liegt das Red-Bull-Budget bei 220 Millionen Euro. "Es gibt bei uns keine glänzende Fabrik, alles ist allein darauf ausgerichtet, schnelle Autos zu produzieren. Und das funktioniert, weil die richtigen Leute an den richtigen Positionen arbeiten. Und wir haben vielleicht mehr Leidenschaft und Kampfgeist als andere", erklärt der Brite in der 'FAZ' den anhaltenden Erfolg seiner Mannschaft. Dieser Erfolg schlägt sich finanziell gleich doppelt nieder. "Wir hatten dieses Jahr schon ein geringeres Nettobudget als im Vorjahr. Nun kamen weitere Sponsoren hinzu, durch die noch grösseren Erfolge gibt es mehr Prämien, sodass wir 2012 ein noch geringeres Nettobudget haben werden", erklärt Mateschitz in den 'Salzburger Nachrichten'. Mit Infiniti hat Red Bull eine lukrative Partnerschaft schließen können, ausserdem fallen die Ausschüttungen aus dem Vermarktungstopf von Bernie Ecclestone aufgrund der Erfolge höher aus. Fazit: Es gibt keinerlei Gegenargumente mehr in Diskussionen um das Formel-1-Engagement - solange der sportliche Erfolg anhält.

11.10.2011