Barrichello: "Die letzten Wochen waren verwirrend"

Es dauerte seine Zeit,

bis Barrichello bei Williams wieder den Durchblick hatte

Nach dem schwachen Saisonstart hat Williams nach sieben Rennen zumindest vier WM-Punkte auf dem Konto - Routinier Rubens Barrichello zeichnet für alle Zähler verantwortlich. Dennoch liess der Traditions-Rennstall ausgerechnet bei den vergangenen zwei Rennen gute Gelegenheiten aus, das Punktekonto deutlich aufzubessern. Warum Barrichello trotzdem über die ersten Punkte überrascht war, wie der Umbau des Teams verläuft und was er von den zwei DRS-Zonen in Valencia hält, verrät er im Interview.

Frage: Rubens, zuletzt wurde viel über die Umstrukturierung von Williams gesprochen. Wie geht es voran, bist du zuversichtlich?

Rubens Barrichello: Ich bin immer zuversichtlich. Ich werde am Montag in die Fabrik fahren und dort Mike Coughlan kennenlernen. Ich bin gespannt, was er zu sagen hat, und was er von der Struktur hält. Sam Michael ist bei unserem Team immer noch stark involviert und sorgt dafür, dass wir uns vorwärts bewegen. Gleichzeitig weiss man aber nicht, wer wohin versetzt wird und wer wohin kommt. Zumindest im ersten Teil dieses Monats benötigte ich etwas länger um zu verstehen, was im Team passiert. Das Team arbeitet unter der Leitungen von Mike bereits am nächstjährigen Auto. Aufgrund all dieser Verwirrung muss man sagen, dass das Team dabei gute Arbeit geleistet hat, um das aktuelle Auto zu verbessern. Wir konnten ein paar Punkte einfahren.

Ist dir die Beziehung zu den Personen im Team wichtig?

Absolut. Der Grund, warum ich immer noch Rennen fahre, ist dass ich zu viel Leidenschaft besitze. Es ist nicht so, dass ich nur noch herumfahre. Am Anfang fuhren wir beinahe nur herum. Man muss aber die Motivation finden, um weiterzukämpfen und hoffentlich wird das Team zurückschlagen und in Zukunft um Podestplätze und Siege kämpfen. Mit all meiner Erfahrung muss ich all die Knöpfe drücken, die mir zur Verfügung stehen. Ich muss also die Möglichkeit haben, die Leute kennenzulernen, die am Auto arbeiten, muss ihre Ambitionen verstehen und Indikatoren finden, wo wir jetzt und im nächsten Jahr stehen werden.

Kann man deine Worte so interpretieren, dass du auch nächstes Jahr gerne noch für Williams fährst?

Absolut. Ich habe Williams erwähnt, weil ich an das Projekt, an die Struktur und an die Einrichtungen glaube. Es gibt kein Nein, aber viele Jas, aber auch viel Platz für Verbesserungen. Es ist sehr traurig, dass wir dieses Jahr ein Auto haben, das nicht konkurrenzfähig ist, denn im letzten Jahr war es in Ordnung. Wir mussten es aber weiterentwickeln, was uns nicht gelungen ist. Wir müssen grosse Verbesserungen machen und ich möchte an diesem Prozess teilnehmen, was bereits in den vergangenen zwei Jahren der Fall war. Ich möchte anwesend sein, um sicherzugehen, dass wir tatsächlich einen Schritt nach vorne machen.

Du meinst, dass du nächstes Jahr nicht auf Platz 18 herumfahren willst.

Das will niemand. Man sieht es bei Trulli, an allem was er sagt. Ich bin hier nicht der Einzige, der nicht auf Platz 18 sein will. Ich will vorwärts kommen.

Siehst du das Potenzial, bis Jahresende Renault anzugreifen?

Wir müssen uns ansehen, welche Fortschritte wir von hier bis Silverstone machen. Wir haben neue Teile, die gut funktionieren könnten. Wenn die anderen durch die Reglementänderungen einen Rückschritt machen, dann könnten wir einen Schritt nach vorne machen.

Was hältst du von Kamui Kobayashis Leistungen in dieser Saison und im Vorjahr?

Er ist fantastisch, nicht wahr? Seine Überholmanöver sind spektakulär, aber das waren sie schon in der GP2-Serie. Er ist ein guter Kerl, der durch seine Familie eine gute Basis hat. Ich mag ihn. Um es verdient zu haben, in der Formel 1 zu sein, reichen aber keine kleinen Feuerwerke, es geht vielmehr um das Ganze. Man muss ein bisschen von allem haben, um dort zu bleiben.

Würde Ferrari Kobayashi wegen seiner Überholmanöver verpflichten?

Ja. Sie würden ihn vielleicht auch wegen einiger anderer Dinge verpflichten, aber es ist immer noch zu früh, um das sagen zu können. Wenn ich aber ein Teambesitzer wäre, dann würde ich liebend gerne mit ihm sprechen und mir ansehen, was er bieten kann.


In der Vergangenheit war das Überholen auf diesem Kurs wegen der Streckenführung unmöglich. Wird sich das dieses Jahr wegen der Reifen und DRS ändern?

Ja, das glaube ich. Da es auch in Monaco ein paar Überholmanöver gab, wird das mit Sicherheit auch hier der Fall sein. Was ich aber in Frage stelle, ist warum wir nur eine DRS-Ermittlungszone haben. Ich verstehe das nicht. Wenn sie wollen, dass wir überholen und ich hinter einem anderen Fahrer fahre und das DRS aktivieren darf, weil ich innerhalb einer Sekunde liege, dann überhole ich ihn auf der ersten Geraden. Auf der zweiten Geraden fahre ich ihm dann davon, dabei wollen wir ja erreichen, dass der andere sich vielleicht revanchieren kann. Wir sollten daher zwei Ermittlungszonen haben und ich werde das bei den Fahrerbesprechungen in Frage stellen und schauen, was dabei herauskommt.

Vielleicht liegt es daran, dass die beiden Zonen zu nahe aneinander liegen.

Ich weiss es nicht.

23.6.2011