Williams-Renault: Alte Liebe rostet nicht

Frank Williams und Adam Parr

setzen grosse Hoffnungen in den neuen Partner

Die erfolgreiche Geschichte der Williams-Renault-Partnerschaft (vier Fahrer- und fünf Konstrukteurs-WM-Titel sowie 63 Grand-Prix-Siege zwischen 1989 und 1997) ist laut Frank Williams keine Erfolgsgarantie für die Zukunft: "Die Leute werden Williams-Renault wieder zusammen für eine großartige Story halten", erklärt der Teamchef. "Sie werden sich denken: 'Jetzt passieren wieder Siege!' Doch ich erinnere daran, dass die Formel 1 nicht stillsteht."

"Was wir in den 90ern erreicht haben, ist keine Garantie für das, was wir in Zukunft erreichen können", weiss der 69-Jährige. "Renault kann Rennen gewinnen und gewinnt immer noch Rennen, aber wir haben bei Williams einen steilen Berg vor uns. Den werden wir auch erklimmen. Wie lange das dauern wird, wissen wir nicht, aber wir werden unsere Seite der Abmachung einhalten. Ich bin heute wirklich aufgeregt und erfreut und auch ein bisschen nervös."

Wieder Retter in der Not?

Renault könnte Williams nach dem schlechtesten Saisonstart der Teamgeschichte schon zum zweiten Mal aus der Patsche helfen, denn 1989 waren die Franzosen ebenfalls die Retter in der Not. Honda hatte Williams Ende 1988 fallen lassen, nachdem Ron Dennis (McLaren) den Japanern eingeredet hatte, dass ein an den Rollstuhl gefesselter Teamchef in der Formel 1 keinen Erfolg haben kann. Nach einem Übergangsjahr mit Judd-V8-Saugmotoren sprang ab 1989 Renault in die Bresche. Aber: "Heute geht es um die Zukunft", betont Adam Parr. "Es wäre verlockend, in vergangenen Erinnerungen zu schwelgen, aber das dürfen wir nicht. Wir müssen als Team besser werden, als wir derzeit sind, und diese Partnerschaft ist enorm wichtig für das Team und die Firma. Aufbauend auf frühere Erfolge und das gute Verhältnis mit Renault freuen wir uns darauf, ihre tolle Technologie mit einer erneuerten und wiederbelebten Chassisseite des Teams zu vereinen."

"Wir haben gerade den schwierigen Prozess der Zusammenstellung einer neuen technischen Gruppe hinter uns, die uns voranbringen soll", fährt der Williams-Vorstandsvorsitzende fort. "Wir haben in den vergangenen Tagen drei technische Neuzugänge für die Zukunft bekannt gegeben, und das mit dieser Motorenpartnerschaft zu kombinieren, bedeutet einen phänomenalen Schub. Als Frank vor einer Stunde die Belegschaft informiert hat, konnte man den Enthusiasmus spüren."

Vorerst nur ein Zweijahresvertrag

Williams und Renault haben sich vorerst auf einen Zweijahresvertrag für 2012 und 2013 geeinigt, doch tatsächlich wird eine längerfristige Partnerschaft anvisiert. Allerdings sollen 2014 die neuen V6-Turbos eingeführt werden, sodass der französische Motorenhersteller für die Zeit danach offenbar noch keine verbindliche Vereinbarung eingehen möchte. So oder so soll es mit Williams aber Kooperationsansätze über die Formel 1 hinaus geben. "Wir hoffen, dass diese Partnerschaft viele Jahre halten wird", gibt Parr zu Protokoll. "Es ist ein Partnerschaft basierend auf dem V8, den sie erfolgreich eingesetzt haben. Die Regeln für 2014 mit dem V6 wurden gerade frisch gedruckt, aber wir diskutieren für die Zukunft darüber. Jenseits der Formel-1-Partnerschaft hoffen wir, dass es Zusammenarbeit in einigen technischen und kommerziellen Bereichen geben wird. Es gibt enormes Potenzial für diese Zusammenarbeit."

Williams wechselt zu Renault

Mit dem von der FIA beschlossenen Aus für die aktuellen V8-Saugmotoren, die ab 2014 von V6-Turbos abgelöst werden, konnte ein möglicher Formel-1-Ausstieg des Motorenherstellers Renault (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Team, das von der Investmentgesellschaft Genii Capital kontrolliert wird), abgewendet werden. Nun erweitert Renault sein Engagement in der Königsklasse sogar. Denn wie bekannt gegeben wurde, werden die Franzosen mit Sitz in Viry-Chatillon bei Paris schon ab kommender Saison auch das britische Williams-Team mit Motoren beliefern. Der Vertrag läuft zunächst über zwei Jahre. "Renault bleibt in der Formel 1, um auf kosteneffiziente Art und Weise Erfolg zu haben", erklärt Bernard Rey, Präsident der Renault-Sportabteilung, und attestiert der Partnerschaft mit Williams "grosses Potenzial".

Vertrag läuft zunächst über zwei Jahre

"Dass wir ab 2012 vier Partner haben werden, bringt uns in Sachen Marktanteil vor jeden anderen Hersteller, bietet uns aber auch abseits der Strecke die Möglichkeit, die Formel 1 als Marketingplattform zu nutzen", erklärt er und fügt an: "Es erfüllt mich mit Stolz, den Williams-Renault-Namen wieder aufleben zu lassen. Gemeinsam haben wir Rennautos produziert, die für ihre Innovationen bekannt waren. Bis heute war das Renaults erfolgreichste Zeit in der Formel 1." Auch bei Frank Williams ist die Freude gross: "Jetzt haben wir wieder einen führenden Automobilhersteller als Partner, was gut zu unserer neuen Beziehung mit Jaguar passt. Gleichzeitig möchte ich Cosworth unseren Dank aussprechen: Sie waren in den vergangenen zwei Jahren auf und abseits der Strecke ein fairer und zuverlässiger Partner und wir freuen uns darauf, in anderen Bereichen auch in Zukunft mit ihnen zusammenzuarbeiten. Unsere vorherige Zusammenarbeit mit Renault war eine der erfolgreichsten in der Geschichte von Williams, aber wir werden es uns nicht gestatten, zu sehr in vergangenen Erinnerungen zu schwelgen", stellt der 69-jährige Teamchef des Rennstalls aus Grove klar. "Wir müssen in die Zukunft blicken und damit fortfahren, unsere Reputation auf der Rennstrecke wiederherzustellen. Ich bin guter Dinge, dass uns die heutige Bekanntgabe dabei helfen wird."

Erfolgreiches Kapitel der Teamgeschichte

Die Zusammenarbeit zwischen Williams und Renault bedeutet ein Revival einer der erfolgreichsten Partnerschaften der Formel-1-Geschichte, denn schon von 1989 bis 1999 war Williams mit Renault-Power unterwegs (nach dem werksseitigen Ausstieg von Renault ab 1998 unter dem Label Mecachrome beziehungsweise Supertec). Anfang und Mitte der 1990er-Jahre galt die Kombination Williams-Renault als das Mass aller Dinge. Williams-Renault gewann insgesamt neun Weltmeisterschaften: 1992 mit Nigel Mansell, 1993 mit Alain Prost, 1996 mit Damon Hill und 1997 mit Jacques Villeneuve am Steuer; dazu noch die Konstrukteurstitel 1992, 1993, 1994, 1996 und 1997. Als Partner eingesprungen war Renault nach einem Williams-Übergangsjahr 1988 auf Judd-V8-Saugmotoren, nachdem Honda das Team für McLaren fallen gelassen hatte.

Viertes Renault-Team war geplant

Renault hatte bereits im Winter den Wunsch geäussert, ein weiteres Team zu beliefern: "Die Strategie wird wahrscheinlich sein, vier Teams auszurüsten", erklärte Jean-Francois Caubet, Geschäftsführer der Motorenabteilung in Viry-Chatillon, im März. "Das Problem bei vier Teams ist, dass man nicht einfach nur vier Teams beliefert, sondern man bildet technische Partnerschaften. Ich glaube aber, es ist machbar, vier Teams auszurüsten." Schon jetzt beliefert Renault neben dem Renault-Team von Genii auch die Weltmeistertruppe Red Bull und das Team Lotus von Tony Fernandes. Geht man pro Kundenvertrag von jährlichen Einkünften in der Höhe von mehr als fünf Millionen Euro aus, so steht ein ordentlicher Etat für den operativen Betrieb zur Verfügung. Die Entwicklung des neuen V6-Turbos würde der Automobilhersteller wohl zum Teil aus der eigenen Tasche subventionieren. Williams setzt derzeit mehrere Maßnahmen, um dem schlechtesten Saisonbeginn der Teamgeschichte gegenzusteuern und in Zukunft wieder erfolgreicher zu sein. Per Jahresende müssen die Ingenieure Sam Michael und Jon Tomlinson gehen, dafür kommen Mike Coughlan, Jason Somerville und Mark Gillan neu an Bord. Mit der (nach Ende 2006 erneuten) Trennung von Cosworth will man sich auch motorenseitig neu aufstellen.

5.7.2011