Räikkönen-Management in Abu Dhabi bei Williams

Vater und Sohn Robertson verhandeln über ein

Comeback von Kimi Räikkönen

Zwar wird das Williams-Team voraussichtlich erst nach den bevorstehenden Young-Driver-Tests in Abu Dhabi entscheiden, wer 2012 Stallgefährte von Pastor Maldonado wird, doch auf Pole-Position steht offenbar Kimi Räikkönen. Zumindest war das Management des Finnen am vergangenen Wochenende in Abu Dhabi statt bei der Wales-Rallye, wo der "Iceman" übrigens ausgeschieden ist.

Laut Informationen der finnischen Tageszeitung 'Turun Sanomat' wurden die beiden Manager David und Steve Robertson in der Hospitality von Williams gesehen. Sollte diese Information stimmen, dann muss man kein Genie sein, um zu erraten, worüber sie mit Frank Williams gesprochen haben. Der Brite gibt inzwischen längst zu, dass er "grosses Interesse" daran hat, den Weltmeister von 2007 unter Vertrag zu nehmen. Gegenüber 'MTV3' bestätigt Williams, dass die finanziellen Rahmenbedingungen derzeit einer der Knackpunkte sind - in seinem letzten Ferrari-Jahr soll Räikkönen weit über 20 Millionen Euro verdient haben. Als Alternativkandidaten stellen sich indes Adrian Sutil und Rubens Barrichello an, die beide sogar Sponsorengelder mitbringen könnten.

Dass über das Geld hart verhandelt wird, empfindet Williams als "ganz normal". Zudem sagt er über eine mögliche Verpflichtung des Finnen, der zwei Jahre Rallye-WM gefahren ist: "Ich muss meine Worte sorgfältig wählen, aber ich kann sagen, dass es möglich ist."

Übrigens zeigt der britische Rennstall nicht zum ersten Mal Interesse an Räikkönen: "Wir waren schon an ihm interessiert, als er noch für Sauber gefahren ist", erinnert sich Patrick Head. "Wir haben unserem damaligen Partner BMW vorgeschlagen, ihm ein Angebot zu unterbreiten, aber das war ihnen zu teuer." Statt zu Williams wechselte Räikkönen damals zu McLaren-Mercedes - und Peter Sauber freute sich über eine millionenschwere Ablösesumme...

Räikkönen elektrisiert Formel 1




Michael Schumacher frohlockt, Bernie Ecclestone zweifelt, Adrian Sutil hadert: Der heisse Poker um "Iceman" Kimi Räikkönen elektrisiert die Formel 1. Denn während der Weltmeister von 2007 rund 6000 Kilometer entfernt in Wales seine vielleicht letzte Rallye fuhr, war sein mögliches Comeback in der Königsklasse das meistdiskutierte Thema im Fahrerlager von Abu Dhabi. Zumal Räikkönens offenbar bevorstehende Verpflichtung durch Williams die Formel-1-Karriere von Sutil zumindest vorübergehend und die des Rekordpiloten Rubens Barrichello sogar endgültig beenden könnte. Sutil ist jedenfalls genervt. Nach seiner wahrscheinlichen Ausbootung bei Force India schien er bei Williams schon fest den Fuß in der Tür zu haben. Bis Räikkönen auftauchte und aus der Fahrersuche des britischen Traditionsteams ein Politikum machte.

"Was soll ich machen? Ich liefere hier den besten Job ab, den ich machen kann. Wenn die Leute das nicht checken, kann ich auch nichts machen", sagt Sutil. Wie der 28 Jahre alte Bayer behauptet auch der elf Jahre ältere Barrichello, im nächsten Jahr sicher in der Formel 1 zu fahren. Auf Räikkönen ist er nicht gut zu sprechen. "Ich habe noch kein Wort mit ihm geredet", sagt der Brasilianer, mit 322 Rennen der erfahrenste Pilot im Feld. "Aber das habe ich schon nicht getan, als er noch in der Formel 1 fuhr." Sogar der fixe Williams-Pilot Pastor Maldonado hat sich für Barrichello ausgesprochen: "Es wäre gut, wenn Rubens bleibt."

Mehr Partylaune dank Räikkönen?

Räikkönen ist nicht überall beliebt. Mit seiner kauzigen und egozentrischen Art hat er im Laufe der Jahre viele Fans gewonnen, aber auch viele Weggefährten vor den Kopf gestoßen. Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali konstatierte einst, der heute 32-Jährige lebe "auf seinem eigenen Planeten". Was der "Iceman" wie immer cool konterte: "Ich lebe sehr gut auf meinem Planeten. Es ist schön hier." Klar scheint: Nur wenige können ein Rennauto so gut bewegen wie der Finne. Und niemand im Motorsport-Zirkus steht in der heutigen Zeit dermassen für ausgelassene Feten und verrückten Aktionen wie er. Einst trat er in einem Gorillakostüm als "James Hunt" auf, ein anderes Mal wurde er mit einem aufgeblasenen Delfin schlafend auf einer Parkbank fotografiert. "Ich hatte ein paar Drinks und habe getanzt. Was spricht dagegen?", erklärte er damals. Sein Landsmann Heikki Kovalainen erwartet deshalb als augenscheinlichste Folge eines Räikkönen-Comebacks, "dass die Partys nach den Rennen etwas besser werden". Auch Rekord-Weltmeister Schumacher, der 2003 die WM vor Räikkönen gewonnen hatte, musste auf die Frage nach dem "Iceman" erst einmal schmunzeln. "Wir haben nette gemeinsame Zeiten erlebt, und ich würde mich wirklich auf weitere Begegnungen auf und abseits der Rennstrecken freuen", sagt er.

Whitmarsh rät Williams: Räikkönen verpflichten

Dass Räikkönen nach zwei Jahren in der Rallye-WM noch konkurrenzfähig wäre, ist für Schumacher, der selbst 2010 nach drei Jahren zurückkam, sicher. Formel-1-Boss Ecclestone käme ein sechster Weltmeister im illustren Feld gelegen. Er weiss jedoch um die Unberechenbarkeit Räikkönens. "Es wäre toll, ihn wiederzusehen", meint er. "Aber ich bin nicht sicher, ob er es ernst meint." Davon gehen die meisten Beobachter aber aus. Angeblich soll Räikkönen sogar bereit sein, auf Gehalt zu verzichten, um wieder Fuss zu fassen. Während Williams-Gesellschafter Adam Parr die "elektrisierende Wirkung eines Weltmeisters im eigenen Rennstall" betont, weicht Teamchef Frank Williams bisher allen Fragen aus. Doch auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Kollegen bekam er plötzlich unerwartete Ratschläge. "Normalerweise würde ich es mir nicht erlauben, Frank zu raten, wen er verpflichten soll", sagte McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh nach fünf gemeinsamen Jahren mit Räikkönen. "Aber in diesem Fall sage ich: Versuche, Kimi zu verpflichten." Kalt lässt der "Iceman" eben niemanden...

Stewart über Räikkönen


Seit Williams-Miteigentümer Christian "Toto" Wolff "ernsthafte Verhandlungen" mit Kimi Räikkönen bestätigt hat, ist die Formel 1 wie elektrisiert. Keine Personalie beschäftigt die Szene derzeit mehr als das mögliche Comeback des Weltmeisters von 2007. Viele Experten sind der Meinung, dass die Rückkehr des Finnen eine Bereicherung für die Formel 1 wäre. So sagte beispielsweise Michael Schumacher: "Ich würde mich wirklich freuen." Jackie Stewart wäre von einem Comeback Räikkönens ebenfalls angetan: "Ich würde ihn gern wieder zurück sehen, egal bei welchem Team auch immer", sagt der dreifache Formel-1-Weltmeister in einem Interview mit der 'BBC'. "Ich glaube, wir würden einen anderen Kimi Räikkönen erleben. Falls er zurückkommen sollte, würde er sicherlich topmotiviert und höllisch schnell sein. Es ist noch nicht zu spät für ihn, seine Klasse unter Beweis zu stellen." Allerdings gibt der Schotte zu bedenken, dass im Falle einer Rückkehr auch eine gewisse Erwartungshaltung auf dem Finnen lasten würde: "Er müsste dann beweisen, dass er es noch kann. Schumacher ist zurückgekommen und hat seitdem nichts Zählbares abgeliefert." Stewart kann sich jedoch vorstellen, dass Räikkönen nicht überall mit offenen Armen empfangen werden würde: "Ich glaube nicht, dass sich allzu viele Teams um ihn reissen werden. Er war nie ein grosser Redner oder ein Liebling der Sponsoren."

In der Tat wirkte Räikkönen über weite Strecken seiner Formel-1-Karriere bei offiziellen Veranstaltungen oft unmotiviert und sagte bei Interviews nicht mehr als unbedingt nötig. Dieses Verhalten könnte gerade bei einem Privatteam wie Williams, welches auf gute Beziehungen zu den Sponsoren angewiesen ist, durchaus eine Rolle spielen. Tatsächlich scheinen die Verhandlungen mit dem britischen Team derzeit ins Stocken geraten zu sein, wie Räikkönen selbst bestätigt. Ein Grund dafür könnte laut Stewart auch in den Gehaltsforderungen des Finnen liegen: "Im Fahrerlager geht das Gerücht um, dass er 15 Millionen haben will. Egal ob Euro oder US-Dollar - wenn das stimmt, dann ist es eine lächerlich hohe Summe. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Williams das mitmacht."

15.11.2011