Coulthard: "So war es bei Michael schon immer..."

Coulthard kennt Michael Schumacher

noch aus der gemeinsamen Rennfahrerzeit

Lewis Hamilton (McLaren) und Michael Schumacher (Mercedes) hielten die Fans beim Grossen Preis von Italien in Monza über viele Runden hinweg in Atem. Die beiden Ex-Champions lieferten sich auf den langen Geraden ein überaus spannendes und spektakuläres Duell, wobei Hamilton immer wieder versuchte, Schumacher zu überholen. Letzterer verteidigte sich und behielt seinen Platz lange Zeit.

An den vielen Manövern, die Schumacher zur Verteidigung seiner Position gegen Hamilton vorführte, scheiden sich allerdings die Geister, wie David Coulthard in seiner Kolumne beim 'Telegraph' erläutert. "Das zog Kritik und Lob nach sich, aber so war es bei Michael schon immer. Es wird immer welche geben, die seine Sportlichkeit in Frage stellen, auch wenn er wirklich geniale Momente zeigt."

Schumacher am Limit, aber nicht darüber

"Andere werden ihn hingegen stets blind verteidigen, selbst wenn er mit einer noch rauchenden Knarre erwischt wird", meint der frühere Formel-1-Pilot. Die Kritiker Schumachers werfen dem deutschen Routinier vor, er habe es in Runde 16 in der Curva Grande - Hamilton war kurz im Gras - und in Runde 20 vor der Ascari-Schikane etwas übertrieben. Dort habe "Schumi" zu hart agiert. Coulthard bezeichnet die angesprochenen Szenen als "hochgradig fragwürdig", verweist aber darauf, aus der Kommentatoren-Kabine möglicherweise nicht alle Situationen dieser Art gesehen zu haben. "Vielleicht gab es noch weitere, doch wir sind halt auf die internationalen TV-Bilder angewiesen und sehen daher unter Umständen nicht alles, was auf der Strecke vor sich geht", erklärt der Schotte. "In meinen Augen war sein Verhalten am Limit aber wohl nicht darüber. Es war typisch für Michael", findet der DTM-Fahrer und merkt an: "Er wusste genau, was er tat, und ging so weit wie möglich. Es kommt aber nicht oft vor, dass ein Teamchef seinem Fahrer mehrmals sagt, er solle dem anderen Piloten mehr Platz lassen." Die Rennleitung hatte zuvor beim Mercedes-Rennstall angeklopft.

Bessere Konstanz bei Rennleitung erwünscht

Dies werteten viele Beobachter als klare Bevorzugung Schumachers durch die FIA, doch Coulthard winkt ab: Solche Konversationen zwischen Rennleitung und Kommandostand seien ein "Standard-Vorgehen" und "keine Sonderbehandlung für Michael", sagt der Formel-1-Experte. Unterm Strich wisse aber auch nicht zu beurteilen, ob Schumacher regelwidrig aufgetreten sei oder eben nicht. "Das ist halt das Problem mit dem Artikel 20.2 - es ist keine exakte Wissenschaft", meint Coulthard. "Dieser Paragraph sagt nur aus, dass 'ein Richtungswechsel bei der Verteidigung' erlaubt ist, geht aber nicht näher darauf ein, wie umfangreich dieses Manöver ausfallen darf. Und wenn du wieder leicht auf deine ursprüngliche Linie zurückfährst, wie viel ist dann zu viel?", fragt der Schotte. Coulthard nimmt die FIA in die Pflicht und fordert Videovergleiche mit anderen strittigen Szenen, damit Entscheidungen konstant gefällt werden. "Ich denke, die Formel 1 - als Königsklasse des Motorsports - sollte dahingehend jedes ihr zur Verfügung stehende Hilfsmittel nutzen. Das ist nur fair den Fahrern gegenüber." Ausserdem würden die daraus resultierenden Graphiken zugleich erklärend wirken.

13.9.2011