Nick Heidfeld: Wie geht es 2012 weiter?

Die Zukunft von in der Formel 1 Nick Heidfeld

ist aktuell noch nicht klar

Nick Heidfeld hat in der Formel 1 nicht immer Glück gehabt. Seit 2000 ist der Mönchengladbacher Teil der Königsklasse und hatte in der Vergangenheit viele seiner Teamkollegen im Griff. Darunter waren auch Namen wie Kimi Räikkönen, Felipe Massa oder auch Jacques Villeneuve. Highlight seiner Karriere ist bisher der fünfte WM-Rang 2007. Dabei unterlag er mit seinem BMW-Sauber lediglich den McLaren und Ferraris.

Nach dem BMW-Ausstieg 2009 endete auch Heidfelds Karriere als Stammpilot. Das neu gegründete Mercedes-Team erkor den bisher sieglosen Piloten als Test- und Ersatzfahrer aus. Heidfeld vergleicht in einem Interview mit 'Tagesblatt.lu' jene Zeit mit der als Grand-Prix-Pilot: "Ich war als Mercedes-Test- und Ersatzfahrer die ganze Saison über bei jedem Rennen vor Ort, sass allerdings nie im Auto."

Kein Vertrag für 2010

"Das war schon etwas frustrierend. Für mich war es aber wichtig, nah an der Formel 1 zu sein und die Kontakte zu halten. Publicity-Termine gab es 2010 eigentlich genauso viele wie jetzt als aktiver Formel-1-Pilot auch. Somit war mein Alltag letztes Jahr eigentlich gar nicht so verschieden zu dem von heute", erinnert er sich. Das Warten zahlte sich bekanntlich aus. Zuerst wechselte Heidfeld zu Pirelli, um dort als Testfahrer an der Entwicklung beteiligt zu sein und wenig später wurde bei Sauber Pedro de la Rosas Cockpit frei. Ab dem Grossen Preis von Singapur war Heidfeld also wieder Teil der Startaufstellung in der Formel 1. In den letzten fünf Rennen konnte er immerhin sechs WM-Punkte sichern. Für 2011 musste er vorerst wieder mit einer Rolle als Testfahrer Vorlieb nehmen. Doch durch den Rallye-Unfall von seinem ehemaligen Teamkollegen Robert Kubica wurde bei Renault ein Cockpit frei und Heidfeld bekam den Job. Damit gehört der Deutsche auch 2011 zur Formel 1 und kann die neuen Regeln aus Sicht eines Stammpiloten beurteilen.

Ist der Heckflügel eine Gefahr?

Besonders den verstellbaren Heckflügel betrachtet er als ehemaliger Präsident der Fahrergewerkschaft nicht nur positiv und sichtet eine potenzielle Gefahr: "Es beinhaltet sicherlich ein gewisses Risiko, wenn der Heckflügel einmal dort aufbleibt, wo er eigentlich schliessen sollte oder umgekehrt. Wir hatten dieses Jahr ja auch schon solche Situationen wie zum Beispiel bei Adrian Sutil beim Saisonauftakt in Melbourne. Glücklicherweise gab es aber noch keine gravierenden Zwischenfälle. Je mehr wir mit dem System Erfahrung erlangen, umso sicherer wird es auch wohl in der Zukunft werden. Das Ziel, mehr Überholmanöver zu generieren, hat zweifelsohne mit dem DRS funktioniert, obwohl ich es vom Ansatz her eher nicht mag, etwas künstlich herzustellen. Die Jahre zuvor hatte man ja schon versucht, das Überholen zu privilegieren, doch eigentlich ist dies bis zur Einführung des verstellbaren Flügels nie wirklich gelungen", analysiert der aktuelle WM-Achte, der beim zweiten Saisonrennen in Malaysia aufs Podium fahren konnte. Durch seine Tätigkeit bei Pirelli im Vorjahr war Heidfeld sehr zeitig mit den neuen Reifen vertraut und beurteilt die Performance der italienischen Pneus positiv: "Die Reifen haben auch einen guten Teil zur Show dieses Jahr beigetragen. Wir haben in einigen Rennen ungewöhnliche Strategien, mehr Boxenstopps und sehr verschiedene Performances der Reifen gesehen, je nachdem, wie viel sie abgenutzt waren. Die Reifen haben wirklich das gebracht, was man sich von ihnen versprochen hatte."

Formel 1 als Techniklabor

Durch die Pneus und den verstellbaren Heckflügel wurden 2011 deutlich mehr Überholmanöver generiert als in den letzten Jahren. Eine etwas untergeordnete Rolle spielt KERS, das kinetische Rückgewinnungssystem, dass mit einer Zusatzleistung von 82 PS das Überholen fördern soll. Heidfeld, der bereits 2009 mit BMW-Sauber über KERS verfügte, sieht darin vor allem einen Bezug zur Serie: "Energierückgewinnung ist sicherlich ein allgemeiner Trend, dem sich die Formel 1 nicht verschliessen sollte. Ja, sie sollte sogar, wie in vielen technischen Bereichen, eine Vorreiterrolle spielen." Im Premierenjahr von KERS verzichtete sein Team nach mangelnden Erfolgen bei den ersten Rennen auf einen weiteren Einsatz des Systems.

Trotz der Entwicklungsrolle sollte die Formel 1 laut Heidfeld nicht zu "grün" werden. Zur aktuellen Motoren-Diskussion äussert sich der Renault-Pilot klar: "Ich hoffe, dass in Zukunft der Sound der Formel 1 erhalten bleibt. Dies ist ein Teil, der zu unserm Sport einfach dazugehört." "Ich kann mir beim besten Willen keine Formel-1-Rennen vorstellen, wo alle mit Elektromotoren und ohne jegliche Geräuschkulisse fahren", merkt der Mönchengladbacher an. Sein Renault-Team gilt aktuell als treibende Kraft, die V8-Motoren durch kleinere Turbos zu ersetzen. Ebenfalls Vorreiterstatus genießt sein Team, wenn es um Innovationen seitens der Abgase geht.

Das Zwischengas-Verbot

Der Renault verwendet ein System, das die Abgase hinter den Vorderrädern entwichen lässt. Dadurch könnte die Regeländerung ab Silverstone, die das Zwischengas verbietet, große Auswirkungen auf die Performance haben. Heidfeld erklärt das Problem aus seiner Sicht: "Wir haben hart daran gearbeitet, unser spezielles Auspuffsystem zu optimieren. Ich kann momentan schlecht einschätzen, ob uns die Regeländerung stärker oder weniger treffen wird als die andern. Unser jetziges System hat sicherlich noch mehr Potenzial, doch jetzt müssen wir uns darauf konzentrieren, die neue Regelung optimal auszunutzen", erklärt der 34-Jährige.

Mit einem Blick in die WM-Tabelle ist die Favoritenrolle für den Titel 2011 schnell geklärt. Doch das Gleichgewicht könnte mit dem Zwischengas-Verbot kippen, gilt Red Bull doch als Perfektionist dieser Lücke im Reglement. Heidfeld analysiert die Situation in der WM: "Sieht man sich den aktuellen Punktestand an, so scheint es sehr eindeutig zu sein, dass Sebastian erneut das Rennen macht. Ich bin allerdings sehr gespannt, wie es sich weiterentwickeln wird, wenn, ab Silverstone, einiges im Bereich des Auspuffs vom Reglement her neu definiert wird. Man nimmt an, dass die Red Bulls momentan das meiste ihres aktuellen Vorsprungs durch ihr Auspuffsystem herausholen", erläutert der Renault-Pilot. "Man muss sehen, ob das nach Einführung der neuen Regelung auch noch immer der Fall sein wird. McLaren hat in den letzten Rennen, vor allem in Sachen Renntempo, sehr stark aufgeholt, und wenn sich das Kräfteverhältnis verschieben sollte, dann ist noch vieles möglich, denn die Saison ist noch lang."

Kein Neid

Da Vettel und Schumacher den Hauptteil der Aufmerksamkeit ernten, muss Heidfeld nach wie vor mit weniger Beachtung auskommen. Neid keimt aber nicht auf: "Nein, der Michael war sieben Mal Weltmeister, Sebastian ist jetzt der jüngste Weltmeister aller Zeiten. Sie haben mit Sicherheit das, was sie erreicht haben, auch verdient. Ich gebe mein Bestes und versuche annähernd so erfolgreich zu werden wie sie", erläutert er bodenständig. Wie es für Heidfeld nach der Saison 2011 weiter geht, ist noch offen. Mit einer Rückkehr des verletzten Kubica wird ein Verbleib bei Renault unwahrscheinlich. Bei Sauber ist man mit Kamui Kobayashi und Sergio Perez ebenfalls gut aufgestellt.

Zu seiner Zukunft im Motorsport sagt Heidfeld: "Das Ziel ist ganz klar, auch in Zukunft in der Formel 1 mit dabei zu sein. Nach meiner Formel-1-Zeit könnten Prototypen oder DTM eine Möglichkeit sein. Bei den Prototypen sind die unheimlichen Geschwindigkeitsunterschied zwischen den LMP1-Prototypen und den GT-Autos ein Problem, was das Ganze sehr gefährlich macht, wie die schrecklichen Unfälle kürzlich in Le Mans ja auch gezeigt haben. Die DTM wird natürlich ab nächstem Jahr, durch die Markenvielfalt, sehr aufgewertet und man kommt vielleicht in näherer Zukunft wieder dahin, wo fünf oder sechs Marken um den Sieg kämpfen. Da hätte ich schon Interesse daran, mit dabei zu sein", berichtet der ehemalige BMW-Pilot, der durch den Einstieg der Münchner sicher auch eine Chance auf ein Cockpit hätte.

23.6.2011