Senna: "Schauen wir einmal, wie es läuft"

Bruno Senna strahlt:

Seit dieser Woche hat er wieder ein Formel-1-Cockpit

Zum Ende der Sommerpause wurde Bruno Senna überraschend zum Stammfahrer bei Renault bestellt. Der Brasilianer ersetzt den Deutschen Nick Heidfeld und kehrt damit in Spa-Francorchamps in die Formel 1 zurück. Im Freien Training leistete sich Senna aber gleich einen Schnitzer, indem er sein Fahrzeug auf regennasser Piste gegen die Banden setzte. Unterm Strich beendete der 27-Jährige seinen Einsatz auf dem 17. Platz und zeigt sich angesichts dessen vorsichtig optimistisch.

Frage: Bruno, das Wetter machte den Freitag zu keinem einfachen Einstand für dich...

Bruno Senna: Allerdings. Die Bedingungen waren sehr schwierig. An den anderen Tagen regnete es hier aber auch und wir konnten ein bisschen Erfahrung sammeln. Leider verloren wir am Morgen viel Zeit aufgrund meines Fehlers. Der Nachmittag war aber in Ordnung.

Nervt dich der Ausrutscher vom Vormittag, wobei du deinen Renault in die Banden gesetzt hast?

Ja. Es war ein Fehler und ich zahlte den Preis dafür. Am Nachmittag hatte ich aber wieder einen klaren Kopf und denke, dass ich gute Arbeit leistete. Wir mussten vieles über das Auto lernen, weil wir sehr viele Veränderungen daran vorgenommen hatten. Ausserdem ging es darum, die Entwicklung voranzutreiben und Dinge wie Boxenstopps, das Losfahren sowie den Start zu üben - also sämtliche Aufgaben, die ein Fahrer im Cockpit erledigen muss. Es waren recht intensive Runs, weil wir KERS und die Bremsbalance aufeinander abstimmen mussten. Insgesamt lernten wir eine Menge dazu. Heute Nacht werde ich darüber schlafen, um all dies zu verinnerlichen.

Kannst du erklären, wie es zu deinem Fehler kam? Warst du im Nassen einfach etwas zu aggressiv unterwegs?

Nein. Ich kam auf der rechten Seite der Fahrbahn schlicht und ergreifend auf die weisse Linie und das war's dann auch schon.

Wie gut vorbereitet fühlst du dich vor der ersten Einheit der Qualifikation am Samstag?

Das kommt ganz darauf an. Wenn wir auf Intermediates oder Regenreifen fahren, dann sollte es ziemlich glatt laufen. Bei solchen Bedingungen läuft es aber nie nach Plan, weil sich einfach ständig etwas verändert. Sollte es am Samstag so ähnlich sein wie am Freitag, wird es vermutlich wieder eine Lotterie. Wichtig wird sein, zur richtigen Zeit die passenden Reifen am Auto zu haben.

Was ist die grössere Herausforderung: die Qualifikation oder das Reifenverständnis im Grand Prix?

Sollte es am Samstag trocken sein, steht mir sicherlich eine grosse Herausforderung bevor. Im Trockenen hatte ich schon am Freitag einige sehr schwierige Runden, in denen ich Verkehr hatte. Aussßerdem gab es Probleme mit KERS, sodass ich das Auto nicht ganz ans Limit bringen konnte. Zudem musste ich sehr vorsichtig sein, was die nassen Randsteine und Linien betrifft. Ich wollte ja schließlich nicht noch einmal abfliegen. All dies warf mich gewissermassen zurück. Ich denke nicht, dass ich am Freitag irgendwo in der Nähe von einhundert Prozent fuhr. Ein trockenes Qualifying wäre also sicher sehr hart für mich. Die Rennsituation ist anders. Bei vollen Tanks sind alle ein bisschen vorsichtiger. Dabei zählt auch die Rundenzeit nicht gar so viel, auch wenn natürlich jede einzelne Rennrunde sehr wichtig ist. Vor mir liegt einfach eine steile Lernkurve. Daran gibt es keinen Weg vorbei.

26.8.2011











Frage: "Eine nasse Qualifikation, aber ein trockenes Rennen - ist dies das schlimmste denkbare Szenario aus deiner Sicht? Du konntest schließlich nur sehr wenig im Trockenen fahren..."
Senna: "Es ist nicht einfach, denn niemand konnte bislang sehr viel mit den Slicks fahren. Aus diesem Grund wird niemand ein perfektes Auto für trockene Bedingungen haben."

"In dieser Hinsicht wird das Rennen eher ein Ratespiel. Die Frage ist, wer sein Auto eher für nasse oder eher für trockene Verhältnisse abstimmt. Das könnte in unterschiedlichen Leistungen resultieren. Unterm Strich wäre eine konstant nasse Qualifikation besser für mich. Sollte das Rennen danach trocken sein, steht uns eine große Veränderung ins Haus, ganz klar." Frage: "Wo siehst du dich im Vergleich zu Witali Petrow? Wie kannst du am Samstag im Vergleich zu ihm aussehen?"
Senna: "Witali hatte zur Mitte des Nachmittags einige Probleme mit seinem Auto. Wir hatten also keinen sinnvollen Vergleich. Er konnte auch nicht im Trockenen fahren. Es gibt ein paar Daten, bei denen ich nicht so schlecht aussah, doch es ist unmöglich, dass ich ins Auto steige und auf Anhieb so richtig bei der Musik bin."
Frage: "Hast du dir einen bestimmten Abstand vorgenommen, den du zu ihm maximal haben willst?"
Senna: "Nein. Schauen wir einmal, wie es läuft."
Frage: "Wie ist es um technische Neuerungen bei Renault bestellt?"
Senna: "Am Samstag werden wir ein paar Neuentwicklungen am Start haben. Wir hatten schon am Freitag einige Aerodynamik-Elemente im Einsatz, doch im Regen kannst du kaum sinnvolle Informationen darüber sammeln. Am Samstag arbeiten wir erneut daran."










Frage: "Dein Debüt für Lotus sorgte für reichlich Schlagzeilen. Wie schwierig war es da, die Konzentration zu wahren? Ist das ein Problem?"
Senna: "Um ehrlich zu sein: Darüber mache ich mir keine Gedanken. Der Druck wäre genau der gleiche, ob man mich nun für die kommenden drei Jahre bestätigen würde oder nicht."
"Ich will einfach nur ins Cockpit klettern und meine Leistung bringen. Der Druck, den ich mir selbst mache, ist größer als der Druck von außen. Ich arbeite damit. Ich konnte schon vorher mit solchen Drucksituationen umgehen und das gelingt mir auch jetzt. Ich muss einfach nur ins Auto steigen und fahren."

Frage: "Stört es dich, dass die Zeitungen schreiben, du sitzt nur des Geldes wegen im Fahrzeug?"
Senna: "Nun, man muss sich nur einmal das Auto und meinen Overall anschauen. Da sind keine neuen Sticker dran. Das ist also nicht der Grund, weshalb ich nun im Cockpit sitze. Das Team hat Vertrauen in mich und glaubt, dass ich gute Arbeit leisten kann."
"Wahrscheinlich denken sie an die Zukunft. Dank mir hat das Team sicherlich ein großes kommerzielles Potenzial, das wir hoffentlich ausschöpfen können. Ich denke aber nicht, dass ich deswegen die Chance gekriegt habe, sondern weil das Team glaubt, dass ich einen guten Job machen kann."
Frage: "Wie würdest du dein Gefühl beim Renault-Team im Vergleich zu HRT beschreiben, wo du 2010 aktiv warst?"
Senna: "Das ist ganz einfach erklärt: Nach meinem Fehler am Morgen machten sie mich nicht fertig, sondern sagten mir stattdessen 'Kopf hoch'. Sie stehen geschlossen hinter mir. Zum ersten Mal fühle ich eine tolle Unterstützung. Das ist ein schönes Gefühl."