Toro Rosso: Wo ist das Tempo geblieben?

Jean-Eric Vergne fuhr am Vormittag anstelle

von Stammpilot Sebastien Buemi

Toro Rosso blieb beim Trainingsauftakt in Abu Dhabi etwas hinter den eigenen Erwartungen zurück. Der italienische Rennstall landete im ersten und im zweiten Freien Training nämlich knapp hinter den direkten Gegnern von Force India und Sauber, weshalb das Team nun vor einer grossen Aufgabe steht. Über Nacht will man bei Toro Rosso nun ausführlich analysieren, wo das fehlende Tempo ist.

Sebastien Buemi fuhr in 1:41.680 Minuten nämlich knapp 2,1 Sekunden langsamer als Lewis Hamilton (McLaren) an der Spitze und büsste auch rund sieben Zehntel auf Adrian Sutil (Force India) ein. Jaime Alguersuari wurde in 1:41.983 Minuten gestoppt und rangierte damit zwei Positionen hinter Buemi auf Rang 14, Jean-Eric Vergne beschloss seinen Freitagseinsatz sieben Zehntel dahinter auf Platz 17. Der Franzose schlug sich bei seiner Ausfahrt im ersten Freien Training trotzdem beachtlich. "Für mich war es eigentlich wie eine Premiere, denn in Südkorea hatte es vor einem Monat wie aus Kübeln geregnet. Ich denke, das Team ist zufrieden mit meiner Arbeit, denn alles lief prima. Es war nichts Aussergewöhnliches, sondern das, was man von einem Fahrer erwartet, der in der Formel 1 sein will. Ich hätte ein bisschen besser sein können, aber dies entspricht halt meinem Naturell. Ich glaube nämlich nicht, dass der Status eines Neulings ein Grund sein sollte, dass man nicht sofort gewinnt - selbst wenn diese Herangehensweise, die ich schon seit dem Kartsport verfolge, aufgrund der Unterschiede zwischen den Teams nicht für die Formel 1 gültig ist", meint Vergne in Abu Dhabi. "Vom hohen Haftungsniveau der weichen Reifen, welche ich gegen Ende ausprobierte, war ich überrascht. Und ich schaffte es nicht, sofort eine schnelle Runde zu fahren, was man mit diesen Reifen tun muss. Diesbezüglich war ich daher ein wenig enttäuscht von mir", gesteht der Toro-Rosso-Pilot. Er sei ihm insgesamt jedoch gelungen, rasch ein gutes Gefühl für das Fahrzeug zu entwickeln.

Buemi mit verkürztem Trainingspensum

"Heute dachte ich nicht über meine Rundenzeit nach und alles in Allem war es eine positive Einheit. Ich habe viel gelernt und werde dies nutzen, um in Brasilien noch besser zu sein. Davor freue ich mich schon auf dem Test hier in der kommenden Woche, wenn ich mit dem Auto fahre, das die WM gewonnen hat", meint Vergne. Der Franzose testet beim Young-Driver-Test für Red Bull.

Weil Vergne im ersten Freien Training antreten durfte, hatte Buemi einen verspäteten Start in das Wochenende. "Es war ein kürzerer Tag für mich", erläutert der Schweizer. "Ich fuhr nämlich nur am Nachmittag, hatte mich aber rasch wieder an die Strecke gewöhnt. Angesichts der bisherigen Erkenntnisse fühle ich mich zuversichtlich, was den weiteren Verlauf des Wochenendes anbelangt. Wir scheinen allerdings etwas langsamer zu sein als bei den vergangenen beiden Events. Das könnte an der Charakteristik dieser Strecke liegen. Es ist daher wichtig, die Daten heute Abend gründlich zu studieren", sagt Buemi und merkt an: "Positiv ist, dass wir alle drei Reifentypen ausprobieren und ein gutes Verständnis für die weichen und mittleren Mischungen aufbauen konnten."

Alguersuari sieht gute Chancen auf Punkte

"Ich sehe keinen Grund, weshalb wir am Sonntag nicht um ein gutes Ergebnis kämpfen sollten", hält der Formel-1-Routinier fest. Teamkollege Alguersuari stösst ins gleiche Horn: "Möglicherweise sind wir ein bisschen langsamer als beim vergangenen Event, doch das ist wirklich nicht viel. Ich habe trotzdem das Gefühl, dass wir am Sonntag in die Punkte fahren können", meint der junge Spanier. "Ich bin zufrieden mit diesem Tag. Wir absolvierten ein straffes Programm. Am Vormittag evaluierten wir ein paar neue Teile und hatten darüber hinaus eine dritte Reifenvariante von Pirelli, die wir testen konnten. Das war interessant, denn der Entwicklungs-Reifensatz schien sehr schnell zu sein. Wir spulten damit jede Menge an Runden ab, doch meine Rundenzeiten bedeuten da nicht sehr viel. Ich lief nämlich gleich mehrfach auf Verkehr auf", erklärt Alguersuari. "Die Balance des Autos ist generell recht gut. Wir sollten an diesem Wochenende im Rennen deutlich konkurrenzfähiger sein als im Qualifying. Das war in diesem Jahr schon öfters der Fall." Darauf setzt auch Laurent Mekies, der Chefingenieur bei Toro Rosso. Nach dem ersten Trainingstag zieht er ein gemischtes Zwischenfazit.

Datenarbeit steht auf dem Programm

"Am Vormittag kam Jean-Eric Vergne zum Einsatz. Er hatte eine sehr gute erste Session bei uns, nachdem er in Südkorea nur wenige Runden unter Monsun-Bedingungen absolviert hatte. Positiv für uns war auch, dass uns Pirelli zwei Entwicklungs-Reifensätze zur Verfügung stellte. Dadurch konnten wir Jean-Eric über die komplette Zeit fahren lassen. Das war auch gut für das Team", sagt Mekies. "So konnten wir viel Arbeit erledigen. Alle drei Fahrer waren am Freitag mit den neuen Reifen unterwegs", berichtet der Chefingenieur des italienischen Rennstalls. "Es gibt hier viele langsame Kurven und dadurch unterscheidet sich der Yas Marina Circuit von den zuletzt gefahrenen Strecken. Vor uns liegt also noch einiges an Datenarbeit, um unser Auto möglichst konkurrenzfähig zu machen. Im direkten Vergleich zu den anderen scheinen wir nämlich etwas an Boden verloren zu haben. Unser Job ist nun, herauszufinden, wie wir das hier wieder wettmachen können", meint Mekies. Der Abstand auf Sauber beträgt am Freitagabend rund ein Zehntel, Force India war im Freien Training mehr als eine halbe Sekunde weg. Zuletzt hatte Toro Rosso noch klar die Oberhand gehabt.

11.11.2011