Das Qualifying zum GP Indien in Wort & Bild

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Eigentlich ist seine wichtigste Aufgabe für die letzten Saisonrennen, seinem Red-Bull-Teamkollegen Mark Webber zu Platz zwei in der Fahrer-WM zu verhelfen, aber solange Sebastian Vettel in Weltmeister-Form ist, stellt sich diese Frage gar nicht. So auch der Fall beim Qualifying in Noida, wo er sich die Pole-Position für den ersten Grand Prix von Indien sicherte.

Auf dem Buddh-International-Circuit würde sich der 24-jährige Deutsche liebend gerne als Premierensieger eintragen. Den Grundstein dafür legte er mit zwei zweiten Plätzen in den Freitagstrainings, Bestzeit am Samstagmorgen sowie den Plätzen zwei, eins und eins in den drei Qualifyings. Am Ende setzte er sich souverän mit drei Zehntelsekunden Vorsprung auf McLaren-Pilot Lewis Hamilton durch, der morgen wegen seiner Strafe nur in der dritten Reihe stehen wird.

Verschiedene Strategien in Q3

"Es war kein einfaches Qualifying", bilanziert Vettel. "Man hat glaube ich gerade im letzten Abschnitt gesehen, dass sich manche für zwei gezeitete Runden entschieden haben. Wir dagegen waren uns sicher, dass es die erste sein sollte, aber der erste Sektor ist dann nicht ganz einfach auf den Punkt zu bringen. Ich denke, da habe ich vielleicht etwas Zeit liegen gelassen. Aber alles in allem war ich sehr zufrieden mit meinen Runs." Nach dem ersten Q3-Run lagen noch vier Piloten innerhalb von einer Zehntelsekunde, unterm Strich zogen sich die Abstände dann doch etwas auseinander. Doch Hamilton findet trotz verpasster Bestzeit und der Rückversetzung, dass es "ein guter Tag" für ihn war, denn: "Ich hätte nicht damit gerechnet, die Red Bulls zu splitten. Schade, dass ich einen Fehler gemacht habe, denn dafür zahle ich jetzt den Preis. Aber morgen kann man mit zwei DRS-Zonen leichter überholen als auf anderen Strecken." Das weiss auch Vettel, der daher alle Fragen nach einer möglichen Stallorder bei Red Bull (um Webber zu helfen) unbeantwortet lässt: "Jetzt ist nicht der Zeitpunkt, darüber nachzudenken", weicht er aus und ergänzt: "Zuerst einmal muss es so kommen, dass wir kurz vor Schluss Erster und Zweiter sind, denn es ist ein langes Rennen. Hinter uns stehen einige, die Druck ausüben werden." Nämlich neben Hamilton auch dessen Teamkollege sowie die beiden Ferraris.

Kurioser Defekt bei Massa

Felipe Massa konnte sein Potenzial allerdings nicht ganz entfalten, verunfallte auf dem Weg zu seiner vielleicht schnellsten Runde. In einer schnellen Rechtskurve brach auf dem Randstein die Radaufhängung seines Ferrari. "Normalerweise darf so etwas nicht passieren", wundert sich Timo Glock (Marussia-Virgin), der den Rest des Qualifyings nach seinem frühen Getriebeschaden in der Kommentatorenkabine von 'Sky' verbrachte. Der Massa-Unfall machte einigen Fahrern einen Strich durch die Rechnung, unter anderem Webber, der morgen trotzdem neben Vettel in der ersten Reihe stehen wird. Neben den gelben Flaggen waren sein größtes Handicap die Reifen: "Es war schwierig, die richtige Strategie herauszufinden, denn die Reifen in einer Runde auf Temperatur zu bringen, war nicht einfach. Das hat es gerade im ersten Sektor schwierig gemacht", stimmt er Vettel zu.

Vettel rechnet mit wenigen Boxenstopps

"Es sieht so aus", wirft Vettel zum gleichen Thema ein, "dass die Reifen morgen lange halten werden, aber da hat es auch schon oft Überraschungen gegeben." Insgesamt sei Noida eine "neue Strecke, für alle schwierig, wie wir das ganze Wochenende gesehen haben. Mit dem Staub auf der Strecke gab es nur eine Ideallinie. Warst du nur knapp daneben, hat es viel Zeit gekostet, aber das Auto war fantastisch", analysiert der Red-Bull-Pilot. Fernando Alonso (Ferrari/+0,341) wird morgen als Dritter ins Rennen gehen, Jenson Button (McLaren/+0,772) als Vierter. Letzterer hatte schon in Q1 enorme Probleme: "Ich habe einfach keinen Grip, wirklich große Schwierigkeiten", schimpfte er da am Boxenfunk. Von den sechs Fahrern der drei favorisierten Teams war der Vizeweltmeister-Anwärter heute (neben Massa) der einzige, der sich mehr als eine halbe Sekunde Rückstand einhandelte.

Schumacher schon in Q2 out

Auf Platz sieben landete erwartungsgemäß Nico Rosberg (Mercedes), der sein Stallduell diesmal relativ deutlich gewann. Michael Schumacher musste nämlich schon in Q1 zittern, als er wenige Sekunden vor Schluss noch 18. war, und kam in Q2 trotz einer Last-Minute-Attacke nicht über den zwölften Platz hinaus. Damit steht der siebenfache Weltmeister morgen in einer Startreihe mit Paul di Resta (Force India), denn Witali Petrow (Renault) wird von elf auf 16 rückversetzt. Die Top 10 wurden von drei Fahrern abgerundet, die sich in Q3 einen gezeiteten Versuch schenkten: Adrian Sutil (Force India) sowie das Toro-Rosso-Duo Sebastien Buemi und Jaime Alguersuari, das in der Box frenetisch gefeiert wurde. Sutil konnte ebenfalls lächeln, auch angesichts der Zielsetzung seines Teamchefs: "Vijay hat gesagt, dass er auf das Podium will. Ich werde alles versuchen!" Aber 'RTL'-Experte Ralf Schumacher winkt ab: "Sehr unrealistisch..." Der Kampf um den Top-10-Einzug war wie erwartet spannend, forderte neben Schumacher mit di Resta noch ein weiteres "prominentes" Opfer - Force India ist in Indien ja so etwas wie Nationalheiligtum. Williams brachte erstaunlicherweise beide Autos in die Top 17, dafür musste Kamui Kobayashi schon in Q1 die Segel streichen. "Nicht das, was wir erwartet hatten", vermeldete das enttäuschte Sauber-Team über Twitter.

Enttäuschende Sauber-Startpositionen

Denn auch Sergio Perez sicherte sich im Qualifying nur die 17. Position und muss wegen Ignorierens gelber Flaggen im Freien Training genau wie Hamilton noch um drei weitere Plätze nach hinten. Solide hingegen der Auftritt von Lokalmatador Narain Karthikeyan (HRT): 22. Platz, nur um 22 Tausendstelsekunden langsamer als Teamkollege Daniel Ricciardo, der wegen eines Getriebewechsels um fünf Positionen nach hinten rückt. Übrigens genau wie Glock: "Mir brach leider schon in der ersten fliegenden Runde beim Hochschalten der fünfte Gang", seufzt der Deutsche, meint aber: "Ich denke, ich habe in den anderen Sessions gezeigt, dass wir in den 107 Prozent drin sein müssten. HRT parkte in der Qualifikation auch hin und wieder und durfte trotzdem mitfahren. Ich gehe also davon aus, dabei zu sein. Sonst geht der Flieger eben etwas eher zurück..."

Glock empfiehlt die weichen Reifen

Was die Strategie für das Rennen angeht, sieht der Marussia-Virgin-Pilot die weichen Prime-Pirellis klar im Vorteil: "Ich würde absolut sagen, dass der weiche der Reifen ist, mit dem man starten sollte", sagt er und ergänzt: "Der weiche Reifen ist so konstant und deutlich schneller als die härtere Mischung. Es wird darauf hinauslaufen, dass man mit der weichen Variante losfährt. Wahrscheinlich fährt man zum Schluss einen ganz kurzen Stint mit den härteren Pneus." Wer dann die Nase vorne hat, das ist zum jetzigen Zeitpunkt völlig offen. Für die Red-Bull-Konkurrenz wäre sicher ein guter Start ratsam, weil es sonst zu einer Vettel-Soloflucht kommen könnte, aber dank zweier DRS-Zonen sollte Überholen nicht das grosse Problem sein. Auf jeden Fall fiebert die Formel 1 einem tollen Event entgegen, denn der Zuschauerzuspruch war heute schon größer als im Vorfeld von vielen befürchtet...

30.10.2011