Vettel enttäuscht über GP von Kanada

Sebastian Vettel:

Am Ende war's nur noch Platz 2. Kann passieren...

Bei schwierigen Bedingungen hatte Sebastian Vettel in Montreal alles unter Kontrolle. Einmal rutschte der Red-Bull-Pilot zwar über die Wiese, aber bei drei Boxenstopps und insgesamt fünf Neustarts nach Safety-Car-Phasen hatte der Weltmeister die Führung sicher im Griff. In der Schlussphase kam Vettel unter Druck von Jenson Button (McLaren) und beging in der letzten Runde einen kleinen Fehler. Mit weiteren 18 Punkten für Platz zwei führt der Deutsche nach sieben Rennen mit 60 Zählern Vorsprung in der Weltmeisterschaft und ist weiterhin auf Kurs zur Titelverteidigung.

Frage: Wieder bist du in der Schlussphase unter Druck gestanden, aber diesmal hast du verloren. Wie enttäuscht bist du?

Sebastian Vettel: Natürlich bin ich enttäuscht. Von Start bis Ziel war es ein schwieriges Rennen. Abgesehen von der letzten Runde haben wir alle anderen angeführt - zumindest einen Teil der letzten Runde. Nach der letzten Safety-Car-Phase bin ich es vermutlich zu konservativ angegangen. Ich habe den Vorsprung nicht groß genug ausgebaut. Ich hatte versucht den Vorsprung auf die nachkommenden Autos zu halten. Dann habe ich Jenson gesehen. Ich habe attackiert Ich dachte, dass es bis zum Ende reichen würde, aber das hat es offensichtlich nicht, denn ich habe einen Fehler gemacht. Das war meine Schuld. Ich habe die Hinterreifen leicht blockiert. Wenn das passiert muss man aufmachen und fährt etwas gerader. Es gab nur eine Linie und ich bin ins Nasse gerutscht. Für ihn war das Überholmanöver sehr leicht. Trotzdem denke ich, dass es ein guter Tag war. Es war ein schwieriger Tag, denn man konnte leicht Fehler begehen. Es sind viele Autos ausgefallen, also sind die Punkte wichtig. Wenn man es aber in den eigenen Händen hat und es wegwirft, dann ist das nicht das Schönste. Im Allgemeinen war es ein gutes Rennen für uns.

Es war ein ziemliches Chaosrennen. Wie hast du das erlebt?

Bei uns war es immer ziemlich ruhig. Ich habe mir nicht viele Fehler erlaubt, nur einen am Schluss. Das hat mir vielleicht den Sieg gekostet. So ist das manchmal. Natürlich ärgert mich das und ich würde am liebsten schreien. Egal, wir haben wichtige Punkte geholt und wir können mit dem zweiten Platz zufrieden sein. Ich glaube, es gibt nicht viele Leute, die so wenige Fehler wie wir gemacht haben. Heute war es nur der zweite Platz. Für das Team war es schwierig, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Sie haben es aber geschafft. Für mich war es schwierig, das Auto auf der Strecke zu halten, was ich die meiste Zeit geschafft habe. Wir haben Zwischenfälle und Unfälle gesehen. Das hat gezeigt, wie rutschig es ist. Es ist nicht leicht, wenn man Erster ist, denn man weiss nie was man erwarten soll. Wenn man all das bedenkt, haben wir einen guten Job gemacht.

Du warst lange in Führung und has die fünf Safety-Car-Phasen gut gemeistert. Erzähl uns davon. Du warst bis zur letzten Runde recht dominant.

Es war ein langes Rennen. Es gab die lange Unterbrechung, aber die Bedingungen waren schwierig. Es war hart und das herausfordernste Rennen in diesem Jahr. Ich denke, ich kann zufrieden sein, aber im Moment sind die Eindrücke noch so frisch. Ich zeige sie im Moment wahrscheinlich auch. Natürlich bin ich enttäuscht. Ich war das ganze Rennen über in Führung und weiss wie schwierig es war. Es war ein kniffliges Rennen. Das Safety-Car hat uns nicht geholfen, aber wir haben unser Bestes gegeben. Wir haben wichtige Punkte gesammelt. Es war wichtig ins Ziel zu kommen, speziell in so einem Rennen. Der Fehler in der letzten Runde - es war wahrscheinlich der einzige Fehler im ganzen Rennen - ist nicht sehr schön. Aber so ist es eben. Wir attackieren alle hart und manchmal passieren Fehler. Ich habe kein Problem das zuzugeben. Wäre es trocken gewesen, wäre es kein Problem gewesen. Neben der Ideallinie war es sehr nass. Ich bin also Zweiter geworden.

Was ist genau passiert?


Ich war zu spät auf der Bremse. Ich konnte spüren, dass Jenson etwas schneller war als ich. Ich hätte nach der Safety-Car-Phase härter attackieren sollen nach dem Neustart. Ich habe mir einen Vorsprung von vier Sekunden herausgefahren. Ich dachte, dass meine Verfolger ein ähnliches Tempo fahren würden. Ich wollte nicht zu weit wegfahren, weil ich nicht wusste, was später mit den Reifen oder einer weiteren Safety-Car-Phase passieren würde. Ich war wahrscheinlich zu vorsichtig. Wenn mein Vorsprung sechs oder sieben Sekunden betragen hätte, dann wäre es eine andere Geschichte. Es waren manchmal aber nur drei Sekunden. Es war ein schwieriges Ende nach einem harten Rennen. Ich sah speziell im letzten Sektor, dass Jenson stark aufgeholt hat.

In den letzten fünf Runden war Jenson um eineinhalb Sekunden schneller als du. Es hat den Eindruck gemacht, dass du auf deine Reifen aufgepasst hast. Gab es Probleme mit den Reifen?

Nein, keine Probleme. Wie vorhin gesagt, ich war nach der Safety-Car-Phase wahrscheinlich nicht aggressiv genug, denn für mich gab es eigentlich keinen Grund dafür. Es hat sich herausgestellt, dass ich schneller hätte fahren müssen. Ich habe Jenson knapp hinter mir gehalten - und ja, er war sehr schnell. Es war keine Sekunde mehr zwischen uns, nur noch einige Zehntel. Es wäre sehr eng geworden, aber mit meinem Fehler war es dann nicht so.

In den vergangenen drei Rennen war es immer eine sehr spannende Schlussphase. Wie erlebst du das im Cockpit?

Jede Situation ist anders. Hier war es deshalb schwierig, weil die Bedingungen schwierig waren. Die Strecke war sehr rutschig. Insgesamt war es sehr einfach einen Fehler zu machen. Das habe ich am Ende auch gezeigt. Gerade am Ende, wo es nur eine trockene Spur gibt, reicht ein kleiner Patzer. Druck von hinten ist in Ordnung, damit muss man umgehen können. Ich denke nicht, dass der Fehler entstanden ist, weil der Jenson immer näher kam. Ich wusste, dass ich Gas geben muss, damit ich nicht in die DRS-Zone komme. Ich musste schauen, dass ich weit genug vorne bleibe. Wenn man am Limit fährt, dann macht man ab und zu Fehler.

Was hast du beim Ausrutscher unterm Helm gesagt?

Im ersten Moment war ich damit beschäftigt das Auto abzufangen. Mir war direkt klar, dass der Jenson durchrutscht, es sei denn er macht auch einen Fehler, aber so kam es dann nicht. Dann war der Zug vorbei. Ich wusste, dass der Vorsprung nach hinten gross genug war, also bin ich den zweiten Platz nach Hause gefahren.

Wie war es mit KERS?

Es war im Auto. Ein und aus.

Zu einem Zeitpunkt tauchte Michael Schumacher hinter dir auf. Vettel auf Platz eins, Schumacher auf zwei. Was ging dir durch den Kopf?

Nicht viel, denn es waren ja noch einige Runden. Man hat beim Neustart gesehen, dass ich den Moment ganz gut abgepasst habe und bis zum Ende der Geraden, wo starker Gegenwind herrschte, waren wir schon Seite an Seite. Das gleiche galt dann später auch für den Jenson. Ich habe mir gedacht, dass es eng wird.

In der WM hast du immer noch einen bequemen Vorsprung.

Es hätte besser laufen können.

Freust du dich nicht über einen zweiten Platz?

Doch. Natürlich ist die Freude nach so einem Rennen da, denn es war extrem schwierig. Man hat gesehen, dass es auch null Punkte hätten sein können. Wenn man das Rennen eine halbe Runde vor Schluss hergibt, dann fuchst einen das und ist im ersten Moment enttäuscht. Dann freut man sich vielleicht nicht unbedingt über den zweiten Platz. Dann könnte man natürlich sagen: 'schlechter Verlierer'. Unterm Strich bin ich aber nicht da, um zu verlieren, sondern um zu gewinnen.

13.6.2011