Ferrari in Montreal siegfähig?

Stefano Domenicali und Pat Fry

möchten die Lücke zu Red Bull schliessen

Zwei Wochen nach dem Rennen im Fürstentum von Monaco geht es für die Formel 1 auf einer weiteren nicht permanenten Strecke weiter. Nach dem Debakel von Barcelona, bei dem Fernando Alonso nach anfänglicher Führung überrundet wurde, konnte man in Monaco gut mitkämpfen und spielte sogar im Rennen um den Sieg eine tragende Rolle.

"Das Rennen in Kanada könnte dem in Monaco sehr ähnlich werden", analysiert Pat Fry, der technische Direktor bei Ferrari. "Es dreht sich alles um die Traktion und die Bremsen, welche hier stark belastet werden. Die Traktion und das Verhalten vom Auto am Kurvenausgang werden der Schlüssel in Sachen Reifenhaltbarkeit werden."

Weiche Reifen und harte Bremsen

In der Vergangenheit sah man in Montreal viele Boxenstopps, weil der rutschige Asphalt die Reifen hart gefordert hatte. Fry schätzt die diesjährige Lage entspannter ein: "Ich erwarte, dass wir im Vergleich zu letztem Jahr weniger Bedenken haben müssen, weil die weichen und superweichen Reifen etwas härter sind. Die Bremsen sind eng mit der Aerodynamik verbunden, weil weniger Kühlöffnungen die aerodynamische Effizienz verbessern", erkennt der ehemalige McLaren-Techniker. "Deshalb versuchen wir, die Bremsen sehr heiß zu fahren, weil davon die restliche Performance des Autos profitiert. Montreal ist zusammen mit Singapur die härteste Strecke für die Bremsen. In der Fabrik haben wir die Bremsen auf speziellen Prüfständen getestet um die Kühlung einzustellen. Damit können wir den Spielraum abzustecken und wissen, wie extrem wir vorgehen können."

Ferrari bringt zum anstehenden Rennen in Kanada einige neue Entwicklungen mit. Fry erhofft sich einen Schritt nach vorn: "Am Diffusor und am Heckflügel haben wir ein paar Sachen geändert. Dadurch sollte sich ein vernünftiger Schritt vorwärts ergeben, wenn alles nach Plan geht."

Bei den Roten herrscht Zuversicht: "Hoffentlich schliessen wir die Lücke zu den anderen Teams. Zwischen Monaco und Kanada war nicht viel Zeit. Die Charakteristiken der Strecken sind aus aerodynamischer Sicht sehr unterschiedlich. Deshalb verwenden wir auf solchen Strecken spezielle Heckflügel", berichtet der Engländer

Umstrukturierung bei Ferrari

Fry hat durch die Umstrukturierung der Technik-Abteilung vor dem Monaco-Wochenende neue Kompetenzen erhalten: "Ich bin jetzt noch beschäftigter als vorher, was ich vorher als unmöglich gehalten habe", witzelt der Engländer. "Es ist eine grossartige Herausforderung. Es arbeiten eine Menge talentierter Leute sehr hart. Wenn wir zusammen einen kurzfristigen und einen langfristigen Plan ausarbeiten können, werden wir hoffentlich sehr bald weiter voran kommen."

Neben den Bremsen verschafft der Kurs in Montreal auch den Motoren eine harte Übungseinheit. Wahr und falsch, Luca Marmorini, Kopf der Motoren- und Elektronikabteilung erklärt: "Die Motorleistung und der Benzinverbrauch haben hier in der Vergangenheit Sorgen ausgelöst. Doch diese Faktoren sind nicht so beträchtlich wie in Monza oder Spa. Montreal ist in Sachen Verbrauch ähnlich den Rennen in Malaysia oder Brasilien und mit Barcelona zu vergleichen, wenn man den Vollgasanteil betrachtet. Der Benzinverbrauch ist hoch. Doch die Bedenken kommen noch aus einer Zeit, in der Nachtanken erlaubt war und es wichtig war, so spät wie möglich zu stoppen", erläutert Marmorini. "Das setzte einen grossen Tank voraus. Jetzt ist Nachtanken verboten und dadurch ist das Thema weniger kritisch."

Die Rolle von KERS

Vor der Saison hatte das Team um Marmorini viel Arbeit vor sich, musste man doch ein neues KERS entwickeln. "KERS ist sehr wichtig und kann dir einen Vorteil von 0,4 Sekunden pro Runde geben", erkennt der Ferrari-Mitarbeiter. "Aber wenn es ums Überholen geht, erhöht sich die Chance für den Fahrer nicht besonders. Nicht einmal der Schub von 80 Extra-PS für sechs Sekunden kann das Überholen deutlich einfacher machen. Aber in Kombination mit DRS funktioniert es gut", bemerkt Marmorini und fügt an: "Dieses Jahr haben wir auch beobachten können, dass KERS sehr effektiv ist, um Überholversuche abzuwehren. Durch den intelligenten Einsatz von KERS kann sich der Fahrer verteidigen."

Haltbarkeit von 2.000 Kilometern

Eine weitere Herausforderung für die Motorenspezialisten der Formel 1 ist der Fakt, dass jeder Fahrer nur acht Motoren für die gesamte Saison zur Verfügung hat. "Ich denke heutzutage wurde jeder Formel-1-Motor für die Lebensdauer von drei Rennen entwickelt, auch wenn einige individuelle Strategien vorsehen, dass ein Aggregat zwei oder vier Rennen aushalten muss. Der Leistungsverlust des Ferrari-Motors vom ersten bis zum dritten Rennen war sehr gering. Daran hat unser Partner Shell durch die Treibstoff- und Schmiermittel-Entwicklung einen grossen Anteil. Der Fahrer fühlt selbst im dritten Rennen keinen Unterschied. Die Motoren müssen zudem bei den folgenden Rennen im Freien Training laufen und kommen damit auf Laufleistungen von 2.000 Kilometern."

Bisher gewann Ferrari elf Mal in Kanada. Jacky Ickx holte 1970 in Mont Tremblant den ersten Sieg für Ferrari auf kanadischem Boden. Seit 1978 findet der Grand Prix in Montreal statt. Gilles Villeneuve gewann direkt sein Heimrennen. Drei Jahre später wurde der Kurs nach dem Kandier benannt. Michael Schumacher gewann insgesamt sieben Rennen hier, sechs davon in Rot. Fernando Alonso gewann 2006 und für Felipe Massa ist ein vierter Platz 2005 das beste Resultat.

8.6.2011