Was bleibt Ferrari noch für 2011?

Stellt Ferrari in Suzuka eine Gefahr

für Vettel & Co. dar?

Ferrari hat beim Rennen in Suzuka nun erstmals auch rein theoretisch keine Chance mehr auf den Fahrer-WM-Titel. Die Italiener werden daher den Schwerpunkt klar auf die kommenden Saison legen, für die Technikchef Pat Fry bereits ein innovatives Auto angekündigt hat. Nun gilt es für die Roten aus Maranello, mit guten Ergebnissen die Motivation im Team hochzuhalten und den Problemen der Saison 2011 auf den Grund zu gehen, um 2012 adäquate Lösungen bereitstellen zu können.

Apropos Probleme - bei Regen war der Bolide von Fernando Alonso stets ein Sorgenkind. Und genau diese Wetterbedingungen erwarteten den Spanier bei der Ankunft im Land der aufgehenden Sonne. "Als ich die Strecke in Suzuka erreichte, hat mich der Regen begrüsst", bestätigt er. "Mein erster Gedanke war: Besser jetzt als am Samstag oder Sonntag, denn dieses Jahr hat uns eine feuchte Strecke bisher kein Glück gebracht."

Alonso: Nur kein Regen

Der Mann aus Oviedo verweist auf den Grand Prix von Kanada: "Dort sah es so aus, als hätten wir alles, was man für einen Sieg braucht, und dann war es das einzige Rennen der Saison, bei dem wir keine Punkte holten." Kein Wunder, dass Alonso den Wetterbericht stets im Blick hat: "Die Vorschau ist recht gut, zumindest an den ersten paar Ragen - am Sonntag ist das Regenrisiko eine Spur höher. In Wirklichkeit kann man sich hier nie zu sicher sein: Im Vorjahr mussten wir das Qualifying am Sonntagvormittag fahren, da am Tag davor ein Sturm die Strecke unbenützbar machte." Bevor sich Alonso auf den Weg nach Japan machte, nützte er die Zeit nach dem Singapur-Rennen, um etwas Zeit mit seiner Familie zu verbringen. "Selbst wenn es wahr ist, dass wir auch rein mathematisch nicht mehr im Rennen um den Fahrertitel sind, gibt es immer noch genügend Gründe, warum wir motiviert bleiben sollten und die verbleibenden fünf Rennen mit der richtigen Einstellung angehen sollten", erklärt der Ferrari-Star.

Warum die WM noch nicht vorbei ist

"Erstens wäre da der zweite Platz in der Fahrer-WM", beginnt Alonso seine Aufzählung. "So wie die Saison bisher gelaufen ist - mit der Dominanz von Vettel, der nur einmal das Podium verpasste -, wäre es ein großartiges Resultat für mich und das Team, Zweiter zu werden. Vier von uns sind noch im Rennen und ich kämpfe gegen Webber und die beiden McLaren-Jungs. Ich gehe davon aus, dass es bis Interlagos dauern wird, bis wir herausfinden, wer es schafft." Alonso rechnet mit einem harten Kampf und sieht seine Rivalen im Vorteil: "In Anbetracht der letzten Rennen wird es nicht einfach, da meine engsten Rivalen dieses gewisse Etwas bei der Performance des Autos zur Verfügung stehen haben - das bedeutet aber nicht, dass wir aufgeben. Wir wissen, dass wir alles perfekt hinkriegen müssen, wenn wir unser Ziel erreichen wollen - wir werden es bis zum Ende versuchen." Der zweite Grund, warum die Saison für Alonso noch Bedeutung hat, ist die Konstrukteurs-WM. "Das ist ein viel schwierigeres Ziel, denn der Rückstand auf McLaren ist viel grösser, aber es ist nicht unmöglich. Wir wollen diese Saison, die nicht wie erhofft gelaufen ist, auf die bestmögliche Art und Weise beenden. Zumindest noch einen Sieg einzufahren, wäre das Maximum, wichtig ist aber vor allem, immer um die Podestplätze kämpfen zu können."

Ferraris bitterer Alonso-Sieg

"Ich habe den Grand Prix von Japan zwei Mal gewonnen - einmal in Fuji und einmal hier in Suzuka", schildert Alonso seine bisherige Japan-Ausbeute. "Der Suzuka-Sieg war der bessere, obwohl ich sicher bin, dass niemand in meinem Team diesbezüglich meiner Meinung ist", spielt er auf die WM-Entscheidung 2005 an, als Ferrari-Star Michael Schumacher durch einen Motorschaden den Weg für den damaligen Renault-Piloten zum Titelgewinn freimachte. "Ich kann mir vorstellen, wie enttäuscht sie gewesen sein müssen, als Michael aufhören musste, als er vor mir das Rennen anführte", erinnert er sich. "Es ist immer schade, wenn ein Auto wegen eines Defektes liegen bleibt. Das gleiche ist mir ein paar Wochen davor in Monza passiert. Die Formel 1 kann manchmal ein grausamer Sport sein."

Alonso lobt Ferraris Japan-Hilfe

Nach dem Grand Prix von Japan wird Alonso noch ein paar Tage in Tokio anhängen: "Ich mag die Stadt sehr gerne und werde gemeinsam mit Felipe an der von Ferrari Japan organisierten Präsentation des 458 Spider teilnehmen. Wir werden auch eine Frontpartie des 150° Italia versteigern, die beim Australien-Grand-Prix benützt wurde - darauf befand sich eine Unterstützungsnachricht an die Opfer des Erdbebens, das das Land ein paar Wochen vor dem Rennen getroffen hatte." Alonso ist froh, dass sich sein Arbeitgeber der Probleme der Menschen in Japan annimmt: "Ferrari ist an einige Initiativen beteiligt, die sich um Spenden für den Bau einer Schule in Ishinomaki bemühen - eines der Gebiete, die am schlimmsten betroffen wurden. Am Samstag werden wir an der Strecke einige Kinder aus dieser Stadt treffen - es ist schön, wenn wir etwas Bedeutendes für sie tun können."

Massa ist Suzuka-Fan

Teamkollege Felipe Massa
ist im Gegensatz zu Alonso auch längst aus dem Renne um Platz zwei ausgeschieden - der Brasilianer ist in der WM-Tabelle ein relativ komfortabler Sechster. Im Vorjahr erlebte er in Japan ein enttäuschendes Wochenende - auf das schwache Qualifying folgte ein Crash in der ersten Kurve. Dennoch fährt er laut eigenen Angaben gerne in Japan. "Suzuka ist eine Strecke, die ich wirklich mag - der Genuss ist ähnlich groß wie in Spa, vor allem, weil es viele schnelle Kurven gibt, die sehr herausfordernd sind, und die du geniessen kannst, wenn du sie hinbekommst. Es ist eine gute Mischung, denn es gibt auch ein paar langsame Kurven im Mittelsektor. Und dann wären da noch die S-Kurven nach der ersten Kurve, wo man ein Auto benötigt, das sehr schnell die Richtung ändert, und wo man viel Zeit gutmachen oder verlieren kann. Im zweiten Sektor gibt es die langsame Haarnadel und dann die Spoon-Kurve, die sehr interessant ist. Alle sprechen über die 130R, aber um ehrlich zu sein erinnert die Kurve nach den sicherheitsbedingten Veränderungen an die Eau Rouge in Spa, denn in der Formel 1 handelt es sich beinahe um eine Gerade."

Suzuka: Überholen plötzlich möglich?

Massa hatte auch schon gute Rennen in Japan: "2006 war ein sehr gutes Jahr für mich in Suzuka. Ich stand auf der Pole-Position und wurde Zweiter. Es wäre schön, wenn mir das am kommenden Wochenende wieder gelingen würde, aber wir müssen uns im Klaren sein, dass wir gegen die üblichen starken Rivalen antreten werden. Was die Chancen von Ferrari angeht, müssen wir abwarten bis es losgeht, denn diese Saison waren wir manchmal auf Strecken stark, wo wir es nicht erwartet hätten und manchmal war es umgekehrt. Bis zum Ende des Freitag-Trainings sollten wir eine Idee haben, wo wir stehen." Der Brasilianer rechnet freilich nicht mehr mit grossen Verbesserungen, da die Entwicklung des 150° Italia eingestellt wurde. "Ich hoffe, dass wir um die Spitzenplätze kämpfen können, auch wenn zu diesem Zeitpunkt kaum noch Updates in Sachen Aerodynamik und anderer Teile kommen werden", so Massa. "Obwohl alle Fahrer Suzuka mögen, waren die Rennen oft frustrierend, da Überholmanöver schwierig sind - dieses Jahr rechne ich aber durch DRS, KERS und die Pirelli-Reifen mit einer Änderung. Ich glaube, man will eine zweite DRS-Zone machen, was eine grosse Hilfe wäre."

Massa freut sich auf tolle Fans

Massa macht sich wegen der nuklearen Katastrophe in Fukushima keine Sorgen um seine Gesundheit: "Ich fahre gerne nach Japan. Ich habe gehört, dass einige MotoGP-Piloten den japanischen Grand Prix, der viel näher beim Atomkraftwerk liegt, boykottieren wollten, aber wir dürfen nicht vergessen, dass sich Suzuka in einem völlig anderen Teil des Landes befindet. Ich habe keine Bedenken und ich finde es gut, dass die Formel 1 einem Land, das unseren Sport wirklich schätzt, eine gute Show bietet. Ich werde mein bestes geben und mache meine Arbeit, hoffe aber auch, dass ich die Leute lächeln sehr und sie es genießen werden." Zumal die japanischen Fans zu den euphorischsten der Welt zählen: "Am einem Donnerstag, an dem auf der Strecke nichts los ist, sitzen sie auf der Tribüne, um zu sehen, was in der Boxenstrasse geschieht - selbst wenn es regnet. Man spürt, wie sehr sie diesen Sport lieben und ich freue mich schon darauf, mit ihnen zusammen zu sein."

5.10.2011