Button will noch einmal Weltmeister werden

Jenson Button befindet sich bei McLaren gerade in

einem absoluten Hoch

Als Jenson Button Ende 2009 sein aktuelles Weltmeisterteam Brawn verlassen hat, kurz vor dem werksseitigen Einstieg von Mercedes, hielten viele Experten diesen Schritt für einen Fehler. Denn bei seinem neuen Arbeitgeber McLaren hatte er mit Lewis Hamilton einen vermeintlichen Platzhirschen an seiner Seite. Doch wie man heute weiss, hat sich Button bisher gut behauptet.

"Als ich die Herausforderung angenommen habe, für McLaren zu fahren, war das zunächst ein Schock", gibt Button, der zuvor sieben Jahre lang für den Rennstall aus Brackley gefahren war, im Interview mit 'Autosport' zu. Aber: "Ich habe mich sehr schnell angepasst und fühle mich nach eineinhalb Jahren schon wie zu Hause. Sie schätzen meine Meinung, was wichtig ist, denn ich möchte ein Auto um mich herum aufbauen, das für mich funktioniert." Das hatte er in seiner Karriere "davor nur ein einziges Mal, nämlich bei meinem vorherigen Team". Auf BAR war er 2004 erster Herausforderer der überlegenen Ferraris, 2006 gewann er in Ungarn seinen ersten Grand Prix - aber erst nach der Umbenennung von Honda in Brawn und einem Winter voller Ungewissheit startete Button 2009 voll durch und wurde Weltmeister. Bei McLaren löst er sich mit Topleistungen gerade vom Vorwurf, das nur dank des überlegenen Materials geschafft zu haben.

McLaren hat ihm nun einen neuen Vertrag bis Ende 2014 gegeben - und zwar noch vor Hamilton, dessen Zukunft weiterhin in der Schwebe hängt. Angesichts dieser Stabilität will Button noch einmal zum grossen Coup ausholen: "Ich fühle mich hier sehr wohl und glaube, dass ich das Team nach vorne bringen kann - und dass sie mir geben können, was ich brauche, um ein weiteres Mal um eine Weltmeisterschaft zu kämpfen. Ob ein anderes Team das auch könnte, weiss ich nicht. Ob die Umstände in einem anderen Team jemals gepasst hätten, weiss ich nicht", sagt der 31-Jährige, der bei McLaren inzwischen zumindest in Sachen Sympathie zur heimlichen Nummer eins geworden ist. "Aber ich weiss, was ich hier habe - und das ist verdammt gut! Jedes Jahr, in dem ich für dieses Team fahre, werden wir um die Weltmeisterschaft kämpfen."

"Hoffentlich zwei Plätze weiter vorn"


McLaren-Pilot Jenson Button ist vom Yas Marina Circuit in Abu Dhabi angetan. Die Piste, welche seit der Saison 2009 im Formel-1-Kalender vertreten ist, besticht zwar nicht durch Höhenunterschiede oder wirkliche Mutkurven, dennoch hat der Kurs seinen ganz eigenen Reiz, wie Button verdeutlicht. "Zur Anlage hier gibt es nichts weiter zu sagen, ausser dass es eine grossartige ist", so der Brite. "Das war bereits im Vorjahr so. Lediglich das Rennen selbst war wahrscheinlich nicht das aufregendste, das wir in der Saison 2010 gesehen haben. Hoffentlich können wir in diesem Jahr mit KERS und DRS auf dieser spektakulären Strecke auch eine richtig tolle Show abliefern." Während die Rennen in Abu Dhabi in den Jahren 2009 und 2010 ohne DRS über weite Strecken einer Prozession glichen, gibt es in diesem Jahr gleich zwei Zonen, in denen der verstellbare Flügel als Überholhilfe betätigt werden darf. Für Button ist jedoch die Tatsache entscheidender, dass in diesem Jahr überhaupt mit dem System gefahren wird als dass es zwei Zonen dafür gibt: "Ich bin mir nicht sicher, ob die zweite DRS-Zone einen grossen Unterschied machen wird. In der ersten werden sich meiner Ansicht nach die meisten Überholmanöver abspielen."

Voraussetzungen für spannendes Rennen gegeben

So oder so stellt sich der Brite für den Sonntag auf eine Menge Überholmanöver ein. "Ich war überrascht, wie schwer das Überholen beispielsweise in Indien trotz der langen Geraden und DRS war", gesteht Button und fügt an: "Hier sollte das Überholen im Vergleich zur Vergangenheit, als wir ohne DRS und ohne KERS auskommen mussten, doch deutlich einfacher sein. Ich hoffe, dass auch die Reifen ordentlich nachlassen werden. Wir alle lieben es, einen Gegner zu überholen, wenn dies nicht nur dank DRS geschieht. Das sind die Manöver, die wirklich Spass machen." Vom Layout sowie vom speziellen Ambiente des Kurses in Abu Dhabi ist Button jedenfalls angetan. "Grundsätzlich macht die Strecke sehr viel Spass. Es gibt hier einige langsame Ecken, in denen du die Beschleunigung eines Formel-1-Autos richtig genießen kannst", so der McLaren-Pilot. "Richtig schnelle Ecken sind eigentlich nur die Kurven zwei und drei, die problemlos voll gehen. Mit vollen Tanks ist eine gute Runde hier dennoch eine Herausforderung. Dazu kommt, dass das Rennen bei Tageslicht gestartet wird und bei Dunkelheit zu Ende geht." Für das Rennen am Sonntag hat Button eine klare Vorstellung, auf welcher Position er einlaufen möchte. "Hoffentlich kann ich diesmal zwei Plätze weiter vorn als bei meinen beiden bisherigen Starts auf dieser Strecke ins Ziel kommen", sagt der Brite, der sowohl beim Formel-1-Debüt auf dem Yas Marina Circuit im Jahr 2009 als auch im vergangenen Jahr jeweils als Dritter auf das Podium klettern durfte. "Ich bin zuversichtlich, dass wir an diesem Wochenende gute Arbeit erledigen werden. Ob es dann tatsächlich reicht, um das Rennen zu gewinnen, müssen wir abwarten."

Boxenstopp-Phasen als Schlüssel zum Sieg?

Ein möglicher Schlüssel zum Sieg könnten unter Umständen die Runden unmittelbar vor und nach den Boxenstopps werden. In dieser Disziplin machte McLaren-Pilot Button vor knapp zwei Wochen in Noida gehörig Zeit auf Spitzenreiter Sebastian Vettel gut. Allein im ersten Sektor der Runde nach dem ersten Stopp nahm er dem Red-Bull-Piloten ganze 1,7 Sekunden ab. Für diesen Umstand hat Button eine simple Erklärung: "Das war natürlich nur das reine Fahrkönnen", sagt er mit einem Lachen und fügt an: "Im Ernst: Unsere Runden in die Boxengasse und aus dieser heraus waren in Indien sehr gut. Ich habe dadurch bei jedem Stopp fast zwei Sekunden aufgeholt. Leider haben wir alles während der verbleibenden Runden im Rennen wieder verloren. Das ist der Bereich, an dem wir noch arbeiten müssen."

Button leidet an übergewichtigem McLaren


Nach Punkten führt Jenson Button im McLaren-Stallduell gegen Lewis Hamilton mit 240:202, doch nach gewonnenen Qualifyings steht es 5:12 gegen den WM-Zweiten. Das hängt einerseits mit Hamiltons bekannter Stärke auf eine schnelle Runde zusammen, ebenso wie mit Buttons Konzentration auf die Rennabstimmung, aber es scheint noch einen Grund dafür zu geben. "Ein paar Mal war das Auto dieses Jahr über dem Mindestgewicht, also war ich ein paar Kilo schwerer. Das war genug, um einen Unterschied zu machen", erklärt Button im Interview mit 'Autosport'. "Es hat zwei Rennen gegeben, wo ich hundertprozentig langsamer war, weil ich zwei oder drei Kilo über dem Mindestgewicht war. Das macht sich immerhin mit einer Zehntelsekunde bemerkbar. Aber wir haben das jetzt im Griff." Ein Formel-1-Auto muss inklusive Fahrer mindestens 640 Kilogramm wiegen. Die meisten Teams liegen unter dieser Marke und erreichen das vorgeschriebene Mindestgewicht durch die Verteilung von Ballast. Der McLaren scheint aber relativ schwer zu sein, und weil Button um das eine oder andere Kilogramm mehr auf die Waage bringt als sein Teamkollege, war er in einigen Fällen benachteiligt. Faustregel: Zehn Kilogramm kosten drei bis vier Zehntelsekunden.

Button macht aber gar keinen Hehl daraus, dass er Hamilton auf die schnelle Einzelrunde nicht immer das Wasser reichen kann: "Lewis ist im Qualifying sehr schnell. Das war er schon immer und wird er auch immer sein", räumt der siebenfache Polesetter, zuletzt in Monte Carlo 2009, ein. "Aber was du am Sonntagnachmittag anstellst, ist viel wichtiger als das, was du am Samstagnachmittag machst." Denn für die Pole-Position gibt es in der Formel 1 bekanntlich keine Punkte. Eines der Geheimnisse für Buttons derzeitige Topform ist sicher, dass die rasch verschleissenden Pirelli-Reifen seinem Fahrstil entgegenkommen: "Ich kann gut mit den Reifen umgehen", räumt er ein, "aber es gibt auch Strecken, auf denen ich schlecht bin. Südkorea war nicht besonders gut. Wenn eine Strecke viel Traktion erfordert, schone ich die Reifen auch nicht besser als andere, aber wenn es schnelle Kurven gibt, wie zum Beispiel in Suzuka, dann bin ich da ziemlich gut."

Vielleicht auch, weil er stilistisch eher ein Unter- als ein Übersteuerer ist: "Unser Auto hat viel bessere Heckstabilität, speziell am Kurveneingang", analysiert der 31-Jährige. "Ich mag es, wenn ich das Vertrauen habe, eine Kurve attackieren zu können. Das liegt mir besser, aber es sind nicht nur die Reifen, sondern es ist auch das Auto. Wir arbeiten noch daran, es in die Richtung zu entwickeln, die ich mag, indem wir das Heck noch stabiler gestalten." Hamilton kann mit einem unruhigen Heck hingegen wesentlich besser umgehen, auch wenn Button sagt: "Lewis und ich sind in Sachen Setup ganz ähnlich. Es gibt ein paar Dinge, die wir anders machen, aber es funktioniert für viele verschiedene Fahrstile. Vielleicht ist Lewis am Kurveneingang ein bisschen aggressiver, aber mein Auto wird für ihn immer funktionieren und sein Auto wird für mich auch fast immer funktionieren."

Suzuka-Sieg lässt Button hoffen


Jenson Button ist für das Finale der Saison 2011 voll motiviert. Der Brite liegt im Duell mit Fernando Alonso, Mark Webber und Lewis Hamilton um Platz zwei in der Pole-Position und möchte den Sack unbedingt zumachen. Für den McLaren-Piloten steht es nicht im Vordergrund, Vize-Weltmeister zu werden, sondern sich gegen so starke Gegner durchzusetzen. "Es ist schön, zu wissen, dass ich einen Red Bull geschlagen habe, wenn ich Zweiter werde", bestätigt Button gegenüber der 'Press Association', dass er Webber unbedingt schlagen möchte. "Sebastian hat dieses Jahr unglaubliche Arbeit geleistet, aber er hat auch einen Teamkollegen, und einen Kerl in einem Red Bull zu schlagen, ist jedes Mal grossartig." Das gleiche gilt auch für Ferrari-Pilot Alonso: "Wenn Fernando mit seinem Auto harmoniert, dann ist es grossartig, ihn zu schlagen, denn er ist superschnell. Und dann wäre da noch mein Teamkollege, der unglaublich schnell ist. Es wäre toll, die WM vor ihnen zu beenden."

Beendet Button die Saison mit zwei Siegen?

Wie Alonso würde er es aber vorziehen, einen weiteren Sieg einzufahren: "Das würde mir dieses Jahr so viel mehr bedeuten." Button triumphierte bereits in Montreal, Budapest und in Suzuka. "Ich habe schon drei Siege - einer mehr in Abu Dhabi oder Brasilien wäre toll, oder gleich beide." Der Brite sieht seinen Rennstall verglichen mit Leader Red Bull auch in Hinblick auf die kommenden Saison in einer guten Position: "Wir sind definitiv viel näher dran als zu diesem Zeitpunkt im Vorjahr. Wir sind jetzt viel stärker, befinden uns in einer guten Position - das ist positiv. Wir sind noch nicht so gut wie Red Bull, aber sie sind nicht weit voraus. Es ist sehr sehr eng." Dennoch hadert er mit der Konstanz des Hauptkonkurrenten: "Wenn sie in Führung gehen, dann machen sie keine Fehler - das ist knifflig."

Suzuka-Sieg gibt Hoffnung

Das könnte auch in Abu Dhabi passieren, denn Vettel triumphierte bisher bei allen Grands Prix auf dem Yas Marina Circuit. "Abu Dhabi ist für sie eine gute Strecke, aber er hat auch die vergangenen zwei Rennen in Suzuka vor meinem Sieg gewonnen, es gibt also Grund zur Hoffnung", philosophiert Button. "Es handelt sich um eine Strecke, die ihrem Auto liegt, weil es ein Stop-and-Go-Kurs ist - sie scheinen bei diesen Kurven sehr gut zu sein", sieht Button Red Bull in der Favoritenrolle. "Es wird hart, sie hier zu schlagen, daher schätze ich, dass wir in Brasilien bessere Chancen haben, sie zu schlagen. Doch man weiß nie: Es ist verrückt, wie sich alles von Rennen zu Rennen verändert. In Suzuka waren wir sehr konkurrenzfähig, in Südkorea nicht so sehr, in Indien waren wir wieder näher dran. Es ist schwer zu sagen, warum das so ist. Ich verstehe es jedenfalls nicht."

11.11.2011